KIRA schickt E-Robotaxis mit Testnutzern nun auch nach Darmstadt

Seit Kurzem sind die selbstfahrenden Elektroautos das ÖPNV-Pionierprojekts KIRA in zwei Kommunen im Kreis Offenbach mit Fahrgästen unterwegs. Jetzt melden die Initiatoren eine Ausweitung des Betriebsgebiets. Neben den Gemeinden Langen und Egelsbach navigieren die E-Shuttles nun auch durch Teile von Darmstadt.

Bild: Deutsche Bahn AG / Oliver Lang

Drei Monate nach dem Startschuss hat das vom Rhein-Main-Verkehrsverbund und der Deutschen Bahn angeschobene Robotaxi-Projekt seinen vollen Umfang erreicht: Fahrgäste können die selbstfahrenden Elektroautos des Projekts nun in einem erweiterten Betriebsareal nutzen, das ab sofort auch nördliche und westliche Stadtteile von Darmstadt abdeckt. In Langen und Egelsbach, den zwei Debüt-Kommunen im Kreis Offenbach, navigieren die E-Shuttles mit Testnutzern an Bord bereits seit Ende Mai per Automatisierungslevel 4 durch den Straßenverkehr. Bei den eingesetzten Pkw handelt es sich um Einheiten des E-SUV ES8 von Nio, die mit zusätzlichen Lidar-Sensoren, Kameras und Software von Mobileye ausgerüstet sind.

Nun erstmals „in einer Großstadt unterwegs“

Durch die Ausdehnung des Betriebsgebiets auf Darmstadt sind die selbstfahrenden Stromer nun „erstmals in einer Großstadt unterwegs“, wie die KIRA-Verantwortlichen betonen. Zu den zentralen Orten in Darmstadt, die angefahren werden, zählen der Hauptbahnhof, die Pallaswiesenstraße im Johannesviertel und das Nordbad bzw. der Bürgerpark. Auch Fahrten zwischen Langen, Egelsbach und Darmstadt sind möglich.

Zudem meldet KIRA einen Zwischenstand zu den bisher registrierten Mitfahrern. Demnach sind für den Dienst inzwischen mehr als 1.000 Testnutzer zugelassen. Wer mit KIRA angemeldet ist, kann Fahrten innerhalb des Betriebsgebiets über die KIRA-App buchen. Je nach Nutzungsverhalten und entsprechend freien Plätzen in den Fahrzeugen werden sukzessive weitere Interessentinnen und Interessenten zugelassen.

Zum Hintergrund: KIRA ist in Deutschland das erste On-Demand-Projekt, das autonome Fahrzeuge für den ÖPNV per Automatisierungsstufe 4 mit Fahrgästen testet. Im Gegensatz zu den schon häufiger in Deutschland und andernorts anzutreffenden autonomen E-Shuttles bewegen sie sich dabei frei im Straßenverkehr. Betrieben werden die insgesamt sechs mit Hardware von Mobileye ausgerüsteten Elektro-Robotaxis der chinesischen Marke Nio von der Busfirma DB Regio Bus Mitte.

Die Automatisierungsstufe 4 wird auf der von eins bis fünf reichenden Skala des automatisieren Fahrens auch als „vollautomatisiertes Fahren“ bezeichnet. Das bedeutet, dass das Fahrzeug die Fahrten auf bestimmten Strecken völlig selbstständig bewältigen kann und auch ohne Insassen fahren darf. Bei Level 4 erkennt das System seine Grenzen so rechtzeitig, dass es regelkonform „einen sicheren Zustand“ erreichen kann, indem es etwa einen Parkplatz ansteuert. Der Unterschied zum völligen autonomen Fahren besteht nur noch darin, dass die Fahrzeuge auf definierte Gebiete festgelegt sind. Bei Level 5 müssen Fahrzeuge ortsunabhängig alle Verkehrssituationen bewältigen können.

Entscheidung über alle Fahrmanöver liegt beim Fahrzeug

Der Projektname KIRA steht konkret für „KI-basierter Regelbetrieb autonomer On-Demand-Verkehre“. Die Federführung haben dabei die Deutsche Bahn und der Rhein-Main-Verkehrsverbund. Das aufgerüstete Nio-Sextett fährt im laufenden Straßenverkehr mit bis zu 130 Stundenkilometern autonom. Die Entscheidung über alle Fahrmanöver liegt beim Fahrzeug. Während des Erprobungsbetriebs ist aber immer ein Sicherheitsfahrer an Bord. Und: Die Fahrmanöver der Fahrzeuge werden von technischem Aufsichtspersonal in einer Leitstelle überwacht.

Die Verantwortlichen versprechen sich von autonomen On-Demand-Fahrdiensten einen flexibleren und attraktiveren ÖPNV. „Die Shuttles werden je nach Bedarf bestellt und können vor allem in suburbanen und ländlichen Gegenden für flächendeckende Mobilität sorgen“, schreiben die Initiatoren. Mit Fahrpersonal seien On-Demand-Shuttles im RMV bereits in zehn Gebieten unterwegs – in Darmstadt („HeinerLiner“) und im Kreis Offenbach („kvgOF Hopper“). Autonom, und damit ohne Personal an Bord, könnten solche Angebote verstärkt in Randzeiten und in eher dünn besiedelten Gegenden eingesetzt werden, heißt es weiter. Im Endeffekt soll „eine intelligente Verknüpfung verschiedener Verkehrsmittel eine nahtlose Mobilität von Tür zu Tür ermöglichen, die so flexibel ist wie das eigene Auto“.

Betreiberin der autonomen Fahrzeuge ist wie erwähnt die DB Regio Bus Mitte. Ins Projekt eingebunden sind aber noch etliche weitere Akteure: So stellt das DB-Unternehmen ioki die Software für Buchung und Routenplanung und integriert auch die Softwarekomponenten der verschiedenen Technologiepartner. Die Firma Mobileye trägt zudem die Selbstfahrtechnologie, HD-Karten sowie spezialisierte Sensorik zur Verfügung. Forschungspartner des Projekts sind ferner das Deutsche Zentrum für Luft- und Raumfahrt (DLR), das Karlsruher Institut für Technologie (KIT) und der Verband Deutscher Verkehrsunternehmen (VDV).

2,2 Millionen Euro Förderung von Bund und Land

Der Testbetrieb ist zunächst bis Ende 2025 angesetzt, eine Verlängerung aber geplant. Das Bundesministerium für Verkehr (BMV) und das Land Hessen unterstützen KIRA mit insgesamt rund 2,2 Millionen Euro. Grundsätzlich hängt KIRA seinem Zeitplan um etwa ein Jahr hinterher. Die ersten Tests der autonomen Elektroshuttles (noch ohne Testnutzer) hatte die Deutsche Bahn eigentlich für Mai 2023 angekündigt – tatsächlich los ging es Mitte 2024. Grund für die Verzögerung war die Insolvenz der ebenfalls beteiligten, damaligen Bahn-Tochter CleverShuttle (wegen der die Genehmigung des Kraftfahrt-Bundesamtes nicht eingeholt werden konnte).

Wie das KIRA-Konsortium in der aktuellen Mitteilung schreibt, sind seit Beginn der ersten Testfahrten durch Langen und Egelsbach im Juni 2024 und durch Darmstadt ab Juni 2025 bei den sechs Shuttles mehr als 60.000 Kilometer zusammengekommen. Dabei hätten die Fahrzeuge in den ersten drei Monaten des Projekts im Durchschnitt mehr als eine Fahrt pro Stunde absolviert (die Betriebszeiten sind Mittwoch bis Freitag, 9:30 bis 15:30 Uhr). Die am meisten nachgefragten Haltepunkte für das Shuttle sind der bisherigen Auswertung zufolge die Bahnhöfe in Langen und Egelsbach. Und: „Die Passagiere, die bisher mit einem der Shuttles gefahren sind, bewerten ihre Fahrt im Durchschnitt mit 4,5 von 5 möglichen Punkten“, heißt es.

Prof. Knut Ringat, Vorsitzender der Geschäftsführung Rhein-Main-Verkehrsverbund, kommentiert: „Das KIRA-Bediengebiet wächst mit Darmstadt nicht nur räumlich, sondern verknüpft nun auf direktem Weg den ländlicheren Raum mit der Großstadt. So ist für angemeldete Passagiere mit KIRA beispielsweise die direkte Fahrt zwischen dem Darmstädter Hauptbahnhof und der Gemeinde Egelsbach im Kreis Offenbach möglich. Damit testen wir in unserem Pilotprojekt, wie wir öffentliche Mobilität perspektivisch überall und jederzeit verfügbar machen können. Genau das ist ein essenzieller Bestandteil unserer Vision für autonome Fahrzeuge im öffentlichen Nahverkehr.“

deutschebahn.com

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