
Erste H2-Busse: Wiener Linien geben ihr Wasserstoff-Debüt
Diese Wochen haben die Wiener Linien die erste Buslinie komplett auf Wasserstoff-Betrieb umgestellt. Seit dem 1. Dezember sind zehn neue H2-Solobusse des portugiesischen Herstellers CaetanoBus auf der Linie 39A im Einsatz. Die Route verläuft vom Bahnhof Heiligenstadt nach Sievering und zurück. Angesichts ihrer vielen Steigungen, kurzen Haltestellen-Abständen und hohem Fahrgast-Aufkommen ist die Strecke eine der anspruchsvollsten der Stadt. Mit Batterie-elektrischen Bussen wäre sie nur schwer zu elektrifizieren. Durch den Einsatz der Wasserstoffbusse avanciere die 39A nun zur zwölften Linie in und um Wien, auf der ausschließlich lokal emissionsfreie Fahrzeuge verkehren, frohlockt der Betreiber.
Bei den zwölf Meter langen H2-Bussen des Typs H2.City Gold von CaetanoBus handelt es sich um die ersten rein mit Wasserstoff betriebenen Fahrzeuge im Fuhrpark der Wiener Linien. Zwar fahren seit diesem Sommer auch zehn Batterie-elektrische Busse mit Wasserstoff-Range-Extender vom italienischen Hersteller Rampini in der Innenstadt, doch ihre Energie beziehen diese acht Meter kurzen Midibusse vorwiegend aus der Batterie. Ihr Einsatzort sind die Zentrums-Linien 2A und 3A, geladen bzw. betankt werden sie in Simmering. Mit rein Batterie-betriebenen Bussen – allen voran dem Mercedes eCitaro – werden in Wien darüber hinaus die Linien 17A, 61A, 61B, 64A, 64B, 70A, 71A, 71B und 73B bedient. Außerdem bald auch die 57A. Sprich: der Großteil der E-Linien.
Kurzer Rückblick: Die Wiener Linien betrachten sich als Vorreiter in Sachen E-Mobilität. Schon 2017 bestellten sie bei Rampini die ersten sieben E-Busse (die diesen Sommer ausgemustert und durch die neuen Rampinis mit Wasserstoff-Range-Extender ersetzt wurden). Heute sind rund 70 E-Busse im Betrieb, die allesamt mit Ökostrom oder grünem Wasserstoff betrieben werden. Und bis Ende des Jahres soll bereits rund ein Fünftel der gesamten Busflotte von etwa 400 Bussen emissionsfrei fahren. Als Tochter der Wiener Stadtwerke GmbH betreiben die Wiener Linien das gesamte Netz von U-Bahn, Autobus und Straßenbahn in der österreichischen Hauptstadt. Täglich werde dieses ÖPNV-Netz von rund 2,4 Millionen Fahrgästen genutzt, heißt es. Die insgesamt 135 Buslinien kommen dabei auf eine Linienlänge von rund 892 Kilometern und 4.469 Haltestellen.








Die Entscheidung, bei der Dekarbonisierung des Busnetzes zweigleisig zu fahren und auch die Wasserstoff-Technologie einzubeziehen, ist bei den Wiener Linien schon vor vier, fünf Jahren gefallen. Nach umfangreichen Tests orderte das Unternehmen 2022 zehn Einheiten – zunächst bei Solaris. Das Ziel: Die H2-Flotte Ende 2024 zu integrieren und an einer Stadtwerke-eigenen Wasserstoff-Tankstelle am Betriebshof Leopoldau zu betanken. Letzteres hat Bestand, doch 2023 platzte der Deal mit Solaris. Laut Medienberichten, weil ein geleaster Demobus bei den durchgeführten Testfahrten offenbar nicht zufriedenstellend performte. Der Auftrag ging anschließend an CaetanoBus, der Zeitplan war allerdings nicht mehr zu halten, sodass die Wasserstoffbusse nun im Endeffekt ein Jahr später starten als ursprünglich geplant. Immerhin: Der Kauf der Wasserstoffbusse wurde aus EU-Mitteln über das EBIN-Programm des österreichischen Bundesministeriums für Innovation, Mobilität und Infrastruktur gefördert. Das half, um die Gesamtprojektkosten von rund 10,4 Millionen Euro abzufedern.
Von außen sind die H2-Busse ihren Diesel-Pendants sehr ähnlich. Unter dem Blech beherbergen die in Portugal hergestellten H2.City Gold jedoch einen 180 kW starken Elektromotor von Siemens in Kombination mit einer Toyota-Brennstoffzelle mit 70 kW Leistung. Ebenfalls an Bord: Fünf Tanks auf dem Dach mit je 7,5 kg Kapazität (Gesamtkapazität: 37,5 kg), die die Brennstoffzelle mit Wasserstoff versorgen. Die Reichweite wird mit „mindestens 400 Kilometern“ angegeben. Auch in Deutschland setzen ÖPNV-Betreiber vereinzelt auf dieses Modell, etwa in Hamm oder Rendsburg-Eckernförde. Dass die Busse dabei allesamt ein Toyota-Logo tragen, hängt übrigens mit einer Co-Branding-Vereinbarung zwischen CaetanoBus und dem japanischen OEM zusammen.
Im Fall von Wien sind die Fahrzeuge des portugiesischen Herstellers mit drei Doppelflügeltüren, 33 Sitz- und 45 Stehplätzen ausgestattet. Hinzu kommt ein Rollstuhl- bzw. Kinderwagenplatz. Laut den Wiener Linien sind die CaetanoBus-Fahrzeuge „viel leichter als gleich große Elektrobusse und damit für hügeliges Gelände bestens geeignet“. Mit ihrer Reichweite von 400 Kilometern könnten sie den ganzen Tag lang ohne Nachtanken unterwegs sein und anschließend sogar noch im Nachtbetrieb eingesetzt werden.
Der Wasserstoff für die Busse der Wiener Linien wird unterdessen ebenfalls von einer Stadtwerke-Tochter hergestellt: Wien Energie produziert den Kraftstoff am Smart Campus der Wiener Netze in Simmering. Die dortige Elektrolyseanlage wurde im Frühjahr 2024 in Betrieb genommen und erzeugt mit einer Leistung von drei Megawatt täglich bis zu 1.300 Kilogramm grünen Wasserstoff aus Ökostrom. Diese Menge soll ausreichen, um täglich etwa 60 Busse oder Lkw zu betanken. Die Investition in die Anlage beziffern die Initiatoren auf rund 10 Millionen Euro. Der in Simmering hergestellte Wasserstoff wird dann an einer Tankstelle direkt am Smart Campus oder an einer zweiten Tankstelle am Betriebshof Leopoldau (21. Bezirk) vertankt. Beide bieten sowohl 350 als auch 700 bar.
„Nach den Batterie-Wasserstoffbussen in der Innenstadt starten jetzt im Dezember die ‚großen Brüder‘ auf der Linie 39A“, freut sich Gudrun Senk,
Technische Geschäftsführerin der Wiener Linien. „Damit beweisen die Wiener Linien erneut ihre Vorreiterrolle beim Klimaschutz. Dank der innovativen Wasserstoff-Technologie können wir rund um die Uhr unterwegs sein. Unsere Lenker*innen haben in den vergangenen Wochen die Busse bereits unter realen Bedingungen intensiv getestet.“
Apropos Tests: Die Wiener Linien sind weiter offen für neue Hersteller von H2-Bussen. Bereits im Frühjahr dieses Jahres flotteten sie einen Wasserstoff-Niederflurbus mit 700-bar-Technik von Hyundai ein. Das 12,2 Meter lange Fahrzeug wurde in enger Kooperation mit dem slowenischem Bushersteller TAM entwickelt und steht den Wiener Linien „exklusiv für drei Jahre als Testbus zur Verfügung“, wie der Betreiber schreibt.
An Bord hat der Hyundai-Bus eine Brennstoffzelle mit 90 kW und einen E-Zentralantrieb mit 180 kW. Das Tankvolumen des Fahrzeugs beläuft sich auf 35,15 Kilogramm. Betankt wird das Fahrzeug ebenfalls in der Busgarage Leopoldau. „Die 700-bar-Wasserstofftechnologie des Busses ist einzigartig in Europa“, betonen die Wiener Linien. „Alle anderen Bus-Hersteller setzen auf 350-bar-Wasserstoffantriebe. Durch die 700-bar-Betankung wird mehr Wasserstoff bei höherem Druck gespeichert. Das ermöglicht eine höhere Reichweite, die sogar jene von Dieselbussen übertrifft.“ Während des dreijährigen Testbetriebs ist die Mitfahrt für die bis zu 79 Fahrgäste (27 Sitzplätze, 52 Stehplätze, 1 Rollstuhlplatz) kostenlos. Der neue Testbus sei ein wichtiger Bestandteil der eigenen Strategie, weitere Erfahrung bei der Umstellung zur Wasserstofftechnologie zu sammeln.
Bereits Anfang März 2025 hatten die Wiener Linien on top einen H2-Bus der Münchner Firma Arthur Bus über mehrere Wochen erprobt – allen voran auf der Linie 39A. In diesem zwölf Meter langen Bus erzeugt eine Brennstoffzelle mit 70kW Leistung die nötige elektrische Energie für den 250 kW Elektromotor. Von solchen Tests (auch mit neuen Batterie-Bussen) erhoffen sich die Wiener Linien einen wachsenden Erfahrungsschatz und eine breite Informationsbasis für zukünftigen Kaufentscheidungen. Ziel der Hauptstädter ist es, Vorreiter bei der Dekarbonisierung des öffentlichen Verkehrs zu bleiben: „Schon jetzt sind mehr als 80 Prozent unserer Fahrgäste klimafreundlich mit U-Bahn, Straßenbahn und 70 elektrisch angetriebenen Bussen unterwegs“, betonen die Verantwortlichen. Darauf wollen die Wiener Linien weiter aufbauen – ob eher mit neuen Batterie- oder Brennstoffzellen-Bussen werden die nächsten Bestellungen zeigen.




0 Kommentare