EU-Kommission will Verbrenner-Aus für 2035 wohl zurücknehmen

Vermutlich in der kommenden Woche wird die EU-Kommission ihr neues „Autopaket“ vorlegen. Bereits jetzt zeichnet sich ab: Das bereits vor drei Jahren beschlossene "Verbrenner-Aus" im Jahr 2035 wird wohl doch nicht geben. Stattdessen dürften Plug-in-Hybride und Range Extender weiterleben - und das CO2-Reduktionsziel wird womöglich von 100 auf 90 Prozent abgeschwächt werden.

Bmw m5 auspuff
Bild: BMW

Über eine verlängerte Frist für Plug-in-Hybride und Fahrzeugen mit Range Extender bis ins Jahr 2040 hatte zunächst Bloomberg unter Berufung auf EU-Insider berichtet. Wichtig sind dabei aber mehrere Punkte: Zum einen sollen Neuwagen mit Verbrennungsmotor an Bord nach 2035 nur noch dann erstmals in der Europäischen Union zugelassen werden können, wenn diese Verbrennungsmotoren Teil eines Plug-in-Hybrid-oder eines Range-Extender-Antriebs sind. Reine Verbrenner und Mild- oder Vollhybride mit deutlich geringerer Elektro-Unterstützung sind wohl nicht Teil der Überlegungen, über die Bloomberg unter Berufung auf Insider berichtet. Neu ist auch, dass es um eine Verlängerung um lediglich fünf Jahre geht.

Und es sind diesem Bericht zufolge noch weitere Auflagen geplant: Wie schon EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas  Anfang Dezember angedeutet hatte, soll eine Voraussetzung sein, dass diese Fahrzeuge mit „fortschrittlichen Biokraftstoffen“ oder „E-Fuels“ betrieben werden. Wie genau sichergestellt werden soll, dass diese PHEV und EREV tatsächlich nur mit solchen Kraftstoffen und nicht mit fossilem Sprit betrieben werden, ist noch unklar. Ebenso, in welchem Umfang und zu welchen Preisen derartige Kraftstoffe ab 2035 zur Verfügung stehen werden. Außerdem gibt es noch eine weitere Auflage: Bei der Herstellung dieser Fahrzeuge muss laut Bloomberg grüner Stahl verwendet werden. Auch hier ist offen, in welchen Mengen und zu welchen Preisen dieses Material der Autobranche in zehn Jahren zur Verfügung steht.

Und sollten selbst diese praktischen Hürden ausgeräumt werden können, dürften solche Fahrzeuge wohl nicht in beliebigen Stückzahlen auf den Markt kommen. Anteil dieser PHEV- und EREV-Fahrzeuge, die nach 2035 auf dem EU-Markt zugelassen werden dürfen, „müsse noch festgelegt werden“, heißt es. Bloomberg schreibt, dass auch „die wichtigsten technischen Details“ zu den Kraftstoffen noch ausgearbeitet werden und auch die Diskussionen innerhalb der Kommission noch andauern. Ausgehend von diesem Zwischenstand kann es also noch zu Änderungen kommen – beziehungsweise es ist wahrscheinlich, dass es noch Änderungen gibt.

Bei der Vielzahl an diskutierten Auflagen oder Einschränkungen bei der Aufweichung der bisherigen Ziele für 2035 scheint eines aber zunehmend unwahrscheinlich: Dass die EU-Kommission einen kompletten Rückzieher macht und – wie von Bundeskanzler Friedrich Merz in seinem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen (beide CDU) gefordert – ohne Einschränkungen auch nach 2035 neue Plug-in-Hybride, Range-Extender und „hocheffiziente Verbrenner“ erlaubt. Es dürfte wohl auf einen typischen, politischen Kompromiss hinauslaufen – ein Teil der Bedingungen wird als Entgegenkommen wieder einkassiert, dafür akzeptiert die andere Seite einige der grundsätzlichen Änderungen. Welche Punkte am Ende beschlossen werden, könnte in der kommenden Woche bekannt werden: Einige Quellen sprechen vom 16. oder 17. Dezember als möglichen Termin für die Vorstellung des „Autopakets“.

CO2-Kehrtwende schon beschlossene Sache?

Am Nachmittag vermeldete auch die „Bild“, dass die Details am kommenden Dienstag vorgestellt werden sollen – die grundsätzliche Einigung mit von der Leyen soll aber in eine andere Richtung gehen: „Bei Neuzulassungen ab 2035 soll nun statt 100 Prozent eine 90-prozentige Reduktion des CO₂-Ausstoßes für die Flottenziele der Automobilhersteller verpflichtend werden“, sagte Manfred Weber, Chef der Europäischen Volkspartei, der Zeitung. „Auch ab 2040 wird es kein 100-Prozent-Ziel geben. Damit ist das Technologieverbot für den Verbrenner vom Tisch. Alle derzeit in Deutschland gebauten Motoren können damit weiterproduziert und verkauft werden.“ Diese Informationen decken sich mit denen der „FAZ“.

Wie genau dann dennoch die CO2-Reduktion um 90 Prozent umgesetzt werden soll, ließ Weber offen. Das würde dann nur mit E-Fuels gehen, deren Zukunft aber mehr als unklar ist. Weber geht es vor allem um ein Zeichen für die europäische Autobranche: „Wir lösen damit unsere beiden wichtigsten Versprechen ein: Wir bleiben auf dem Weg der Klimaneutralität. Aber wir sorgen für Technologie-Neutralität. Das ist ein wichtiges Signal an die gesamte Autobranche. Und sichert zigtausende Industriearbeitsplätze.“

Nur: Selbst wenn es tatsächlich diese Einigung zwischen von der Leyen und Weber gibt, wäre bei der Umsetzung des „Auto-Pakets“ die Kommission noch auf den regulären Weg der EU-Gesetzgebung angewiesen. Derartige Änderungen kann die Kommission nicht am EU-Parlament vorbei bestimmen.

Neben Deutschland hatten sich zuletzt sechs weitere EU-Länder, darunter Italien und Polen, dafür ausgesprochen, das ursprüngliche, harte CO2-Ziel für 2035 aufzuweichen. Die Regierungen kritisieren das Ziel und den damit verbundenen Technologiewechsel als zu radikal und sehen die Industrie in Gefahr. Eine solche Gefahr für die Industrie sieht aber auch die Gegenseite – wenn die Unternehmen länger mit hohen Investitionen zwei Technologiepfade parallel entwickeln müssen als den klaren Umstieg zu wagen – und europäische Autobauer so weiter hinter China bei der Elektroauto-Entwicklung zurückfallen.

Umweltgruppen fürchten laut Bloomberg zudem Schlupflöcher, die Europas Klimaziele untergraben könnten. Dabei dürfte es wohl vor allem darauf ankommen, wie genau die Vorgaben zu den E-Fuels und biologischen Kraftstoffen definiert werden. E-Fuels können bilanziell CO2-neutral sein, wenn im Herstellungsprozess CO2 aus der Atmosphäre entzogen und ausschließlich erneuerbare Energien eingesetzt werden – aktuell sind aber noch keine solche Anlagen zur CO2-Abscheidung und E-Fuel-Produktion im industriellen Maßstab in Sicht, auch die Energiefrage ist nicht geklärt. Und auch biologische Kraftstoffe sind nicht ohne Gegenwind: Sie könnten in Wettbewerb zur Nahrungsmittelproduktion treten und auch die Belastung für landwirtschaftliche Nutzflächen ist umstritten.

bloomberg.com, bild.de, faz.net, zeit.de

20 Kommentare

zu „EU-Kommission will Verbrenner-Aus für 2035 wohl zurücknehmen“
SepulNation
11.12.2025 um 14:50
Wer außer Diesel-Dieter oder Benzin-Bernd wird diese dann kaufen wollen (können)? All diese Sitzungen und Kompromisse für dann eine handvoll "saubere" PHEVs? Danke Konservative, für all diese Verzögerungen und Jahre langes Jammern hinterher... Schuld waren dann wieder die Grünen, nicht wahr? :D
Axel Poeschmann
12.12.2025 um 09:55
Genau so ist es!
Toni
11.12.2025 um 15:03
Ich bleibe dabei. Egal ob Petrolhead oder E-Enthusiast - hier wird das Kind mit dem Bade ausschüttet. Aber was soll man da noch sagen... Zu viel Entscheidungsgewalt bei zu wenig Hirnmasse. ¯\_(ツ)_/¯
Phil Osovi
11.12.2025 um 19:59
Ich habe noch einen technologischen Ansatz: Wir könnten auch auf Kutschen umstellen. In Wien gibt es bereits eine Versuchsflotte und die Ergebnisse sind vielversprechend.
tacjazo
11.12.2025 um 21:06
Inzwischen hat sich eine politische Klasse entwickelt, die wirklich total realitätsfremd/lobbygesteuert ist. Das Buch „Männer, die die Welt verbrennen“ erklärt vieles.
mipu
11.12.2025 um 21:38
Sehr schön, da die deutsche Autoindustrie zeigt, dass ihr nichts an der Zukunft liegt und auch nichts am eAuto-Markt, könnte die EU doch gleich auch die Zölle für die Chinesen zurücknehmen. Für mich heißt es: das nächste Auto kommt nicht aus Europa, denn man kann ja nicht abschätzen, ob ich von den Herstellern in 5 Jahren noch Ersatzteile bekomme, wenn die dann Pleite sind ...
DerJens
11.12.2025 um 22:17
Das ist nix anderes als ein Lobby Verein. In dem Zuge winken sie auch gleich noch das Glyphosat Verbot durch.
Robert
12.12.2025 um 07:21
"Damit ist das Technologieverbot für den Verbrenner vom Tisch. Alle derzeit in Deutschland gebauten Motoren können damit weiterproduziert und verkauft werden." also auf gut deutsch es wird zu keinerlei CO2 Einsparungen kommen können das dürfte dann der Letzte Sargnagel für die Deutsche Autindustrie sein wenn nicht sie selber euf den Verbrenner pfeifen und mit Vollstrom die E-Mobilität konsquent umsetzen ansonsten können wir unsere Hersteller im Museum bewundern, neben Nokia, Agfa und der Deutschen Fernsehindustrie
Peter
12.12.2025 um 07:37
Also selbst wenn die ganzen Zusatzauflagen (grüner Stahl, Biokraftstoffe/E-Fuels, Kombination mit E-Motor) noch alle wegfallen würden, wäre der erlaubte Anteil an Verbrennerzulassungen doch so klein, dass sich eine Produktion wie heute überhaupt nicht lohnen würde. Warum pochen die Hersteller darauf noch einen minimalen Anteil produzieren zu dürfen? Die Entwicklung, Produktion und Vermarktung dieser Fahrzeuge rechnet sich doch überhaupt nicht bei solch winzigen Stückzahlen im Vergleich zu heute.Oder ist das reiner Populismus, der keinen Sinn ergeben muss, aber von dem Konservative glauben, dass er sie rettet? So wie die Umbenennung des Heizungsgesetzes, das nie Heizungsgesetz hieß, aber sie haben sich so verrannt, dass jetzt einfach ein anderes Gesetz umbenannt wird, damit etwas umbenannt wird... Wir sind der postfaktischen USA-Politik näher, als wir uns wünschen.
ID.alist
12.12.2025 um 08:06
Es wäre so einfach gewesen. Ab 2035 sind Autos die CO oder Stickstoff ausstoßen verboten, denn das sind die giftigen Gasse die a) Menschen töten b) bei jede Verbrennung von organischen Stoffen entstehen und c) gleichzeitig würden damit die CO2 Zielen erreicht. Jetzt hat man das Problem, denn es ist sehr einfach jemand zu überzeugen dass BEVs nicht so viel besser sind bezüglich der CO2 Produktion. Man hat das Gefühl die Europäer begraben sich gerade selber, und lachen dabei.
Paul-Gerhard Fenzlein
12.12.2025 um 08:15
Den Kommentar von Toni "mit der fehlenden Hirnmasse" ist für mich die einzige Erklärung, weshalb in unsere Regierung und gegebenenfalls auch die in der EU noch nichts vom zweiten Hauptsatz der Thermodynamik gehört haben! Haben die alle ein Abitur H.C.? Ich dachte, Markus Söder hat sein Abitur am Nürnberger Dürer Gymnasium gemacht aber das scheint doch eher ein Abitur aus Prag, wie die Doktorarbeit von Herrn Scheuer!? Wie sollen PH Eis und REEVs ihre CO2-Emissionen um 90 % reduzieren? Auch hier Verweise ich auf den zweiten Hauptsatz der Thermodynamik und auf die Aussage von Professor Lesch: Naturgesetze lassen sich nicht Parteipolitisch beeinflussen!
DYB
12.12.2025 um 08:21
Hierzulande herrscht oft die Annahme, die bedrohliche Konkurrenz aus China beschränke sich auf den EV-Sektor, weshalb längere Laufzeiten für Verbrenner den europäischen OEMs Zeit verschaffen würden. Die Realität in China zeigt jedoch, dass sich dort heimische E-Autos erfolgreich gegen westliche Verbrenner durchgesetzt haben. Es bleibt abzuwarten, ob sich dieses Szenario in Europa wiederholen wird.
WH
12.12.2025 um 15:39
Die Chinesischen Hersteller beginnen bereits jetzt, reine Verbrenner, die in China keiner mehr kaufen will, nach Europa zu exportieren. Die lachen sich einen Ast, weil sie den Schrott nach 2035 dann noch in Europa verkaufen können (weil auch Verbrenner in China die Hälfte kosten wie hierzulande aber die Strafzölle nur auf Elektrofahrzeuge gelten.)
Ralf M
12.12.2025 um 08:27
Wo ist euer Problem? Wenn die Elektromobilität so überzeugend und praxistauglich ist, wie immer dargestellt, wird sie sich von alleine durchsetzen. 10 Jahre sind da eine lange Zeit, denkt mal 10 Jahre zurück, wo standen wir denn da? Es braucht es keine "Verbote". Schafft die richtigen Randbedingungen und es wird ein Selbstläufer.
Max
12.12.2025 um 09:57
Volle Zustimmung. Die paar AMG G-Modelle und 911er mit Verbrennungsmotor werden in der Masse der BEVs untergehen und dabei zunehmend altbackener wirken. Ich bin überzeugt davon, dass wir 2035 bereits so attraktive Modelle selbst im Kleinwagensegment haben werden, dass sich die E-Mobilität von selbst durchsetzen wird. Und wenn China eine Eroberung Taiwans probieren sollte, ist es sowieso für lange Zeit vorbei mit der E-Mobilität.
Jensen
12.12.2025 um 08:41
Wenn man davon ausgeht, dass das so kommt, wie es die EVP mit Stimme von Manfred Weber in der Boulevard-Presse herausposaunt, hat man wohl offensichtlich nicht all zu viel zusammenlobbyieren können. Wenn keine reinen Verbrenner und keine reinen Hybride mehr zugelassen werden dürfen, ist bei Neuzulassungen schon mal der allergrößte Anteil Stinker weg. Die Altbestände werden uns ja sowie noch einige Jahre begleiten. Zumindest die, bei denen sich die Eigentümer den Betrieb weiter leisten können. Die BEV's werden weiter in allen Fahrzeugklassen in unzähligen Varianten in alle Märkte eindringen, so dass Sonderanwendungen mit Range-Extender oder als Plug-in-Hybrid in Kombination mit teuren Sonderflüssigkeiten vermutlich keine messbare Rolle spielen können. Generell muß man sich schon fragen, wem man insbesondere als EVP damit gefallen will, wenn man offensichtlich gegen die Interessen der eigenen Industrien und Bürger mit extrem rückwärtsgewandtem Denken und Handeln auffällig wird. Aber: Jetzt folgt erstmal der Weg durch die verschiedenen Stufen der EU. Dann werden wir sehen, was mit verbrennendem Anteil überhaupt übrig bleibt. Reine Verbrenner sind offensichtlich ganz raus und das wäre ein sehr sehr gutes Ergebnis.
Andreas Scholz
12.12.2025 um 09:39
Das ist reiner Populismus. Kein Autobauer wird deswegen von der Konzentration auf BEV abweichen. Die können nämlich rechnen und wissen, dass 90% Reduzierung nur minimale Zahlen an Verbrennern erlaubt.Oliver Blume als VW-Konzernchef fordert die ganze Zeit, die Regelung nicht aufzuweichen. Das es jetzt doch passiert, ist ein politisches Spiel, mehr nicht. Jetzt kann man den Ahnungslosen verkaufen, dass man das „Verbrennerverbot“ abgeschafft hat. Thema erledigt.Ändern wird das nichts. Aber aktuell wird ja leider die Botschaft als wichtiger angesehen als die Wahrheit.
sig
12.12.2025 um 09:47
Also nur heisse Luft. Wenn CDUcsu mit der CDUcsu redet.... Schön von illegalen Sonders chulden und Maskendeals abgelenkt.....
Gerd Heinrich
12.12.2025 um 11:10
Egal, Das wird 2035 dann also der Hybrid-Lamborghini, aus grünem Stahl, mit 1kwh Battery und 3-Liter eFuels die es in der Apotheke gibt. Zum Rumfahren in Monaco wird’s reichen!
ERide
12.12.2025 um 14:34
2035 wird sich sowieso kaum mehr jemand einen Verbrenner als Neuwagen anschaffen. Ob mit oder ohne Verbot. Und die wenigen, die sich dann trotzdem noch für einen Plugin oder Erex entscheiden werden dann vermutlich ihre Gründe haben.Die Sache ist es nicht wert sich darüber aufzuregen. Die Zeit wirds regeln.

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