Q1 2022: Der deutsche Elektrobus-Markt wächst – eCitaro vorn

Bild: Daimler Buses

Die Corona-Pandemie hat die Busbranche hart getroffen. Vor allem bei den Reisebussen mussten die Hersteller Einbußen hinnehmen. Doch der E-Bus-Boom hält an. Der Niederländer Wim Chatrou recherchiert seit Jahren die Zulassungszahlen von Omnibussen. Für electrive.net gab er einen exklusiven Einblick in sein Zahlenwerk.

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Der Elektrobus-Boom in Europa hält seit Jahren an, wie auch schon eine Analyse auf electrive.net deutlich machte. Doch gilt das auch für das 1. Quartal 2022?

Fakt ist, dass die Corona-Pandemie die Busbranche hart getroffen hat. Hielten zunächst die Stadtbus- und Überlandbus-Aufträge die Bilanz einigermaßen im Lot, und hier insbesondere die der neu zugelassenen Elektrobusse, so zeigen die Neuzulassungen von Omnibussen in Deutschland für Januar, Februar und März 2022, dass die Zahlen noch nicht wieder an die vor der Pandemie heranreichen – es fehlt der Markt der Reisebusse.

Dennoch gibt es etwas Positives zu melden: Im Gegensatz zu den Reisebussen läuft das Geschäft mit Linien- und Überlandbussen nach wie vor gut. „Und das auf einem relativ hohen Niveau“, wie Wim Chatrou erklärt. Seit 25 Jahren nimmt der Niederländer die Zulassungszahlen von Omnibussen unter die Lupe. Die Dokumentation von Chatrou CME Solutions ist bei Herstellern wie Marktbeobachtern sowie Analysten gefragt, electrive.net ermöglichte er einen exklusiven Einblick in das Zahlenwerk für das 1. Quartal 2022 und damit auch in die Zahlen der BEV- sowie Brennstoffzellen-Busse.

Im Januar 2022 wurden 439, im Februar dann noch 321 und im März immerhin schon wieder 385 Omnibusse neu zugelassen, wie das Kraftfahrtbundesamt in Flensburg in Übereinstimmung mit dem Zahlenwerk des Niederländers und dem der Hersteller notiert. Im Vorjahr waren die Zahlen geringfügig höher: 458, 393 und 422 für die ersten drei Monate des Jahres 2021.

Wer die Zahlen im Detail betrachtet und sich auf die alternativen Antriebe konzentriert, der entdeckt Spannendes: Bei den Batterie-elektrischen Omnibussen wurden im 1. Quartal 2021 in Deutschland in Summe 68 und in Europa insgesamt 563 Elektrobusse neu zugelassen. Bei einem Vergleich der Zahlen der neu zugelassenen Batterie-elektrischen Omnibusse mit denen des Vorjahres wird deutlich, dass der Boom scheinbar kein Ende hat.

Im Januar, Februar und März 2022 wurden in Deutschland 134 neue BEV-Busse angemeldet, im 1. Quartal des Jahres 2021 waren in diesem Segment also fast nur halb so viele. Aber der sogenannte E-Bus-Boom ist kein rein deutsches Phänomen: In ganz Europa wurden im 1. Quartal 2022 ganze 843 neue Fahrzeuge angemeldet, also 280 mehr als im gleichen Zeitraum ein Jahr zuvor.

Mehr Wasserstoff-Busse in Deutschland, weniger in Europa

Während das Segment der BEV-Busse einen Zuwachs verzeichnet, schrumpft scheinbar das der Wasserstoff-Busse: Im 1. Quartal 2021 wurden in Deutschland zwei und in Europa 50 neue Fahrzeuge zugelassen. Im 1. Quartal 2002 gab es Zuwächse in Deutschland (in Summe 10), europaweit sind es aber nur noch 43 neue H2-Busse.

Caetano aus Portugal hat in Deutschland im 1. Quartal drei Fahrzeuge des H2.City Gold zugelassen, Solaris sieben Urbino 12 hydrogen. Im letzten Jahr war es lediglich Solaris, die polnische Marke unter dem Dach der spanischen CAF-Gruppe, die in Q1 2021 zwei Brennstoffzellen-Busse in Deutschland neu zuließ.

Und wer steht im 1. Quartal 2022 in Deutschland auf dem Siegertreppchen der BEV-Busse? Der eCitaro von Mercedes-Benz führt in Deutschland mit insgesamt 63 Neuzulassungen das Segment der Elektrobusse weiter an und steht nach wie vor auf dem 1. Platz.

Bereits im Januar dieses Jahres konnte Daimler Buses die Korken knallen lassen, denn von den 2021 in Deutschland neu zugelassenen Batterie-elektrischen Linienbussen, die beim Kraftfahrtbundesamt in Flensburg registriert wurden, trugen ganze 251 den Stern in der Frontmaske. 251 der 555 neuen Elektrobusse in Deutschland im Jahr 2021 stammten von Mercedes-Benz. Der deutsche Elektrobus-Markt wuchs von 350 auf 555 neue Fahrzeuge im Vergleich zum Vorjahr 2020.

Mercedes-Benz in Deutschland mit Abstand vorn

Hält dieser Trend an? Aktuell möchte man es meinen, denn die 63 neuen eCitaro von Mercedes-Benz im ersten Quartal 2022 in Deutschland liegen wieder mit Abstand zur Konkurrenz weit vorn. VDL hat mit 29 neuen Elektrobussen der Citea-Baureihe den 2. Platz inne, MAN kommt mit 23 neuen Elektrobussen des Lion’s City E auf den 3. Platz.

Am Ende des Jahres 2021 stand bei den Neuzulassungen der Elektrobusse Mercedes-Benz mit 251 eCitaro vor VDL mit 123 und MAN mit 68. Noch scheinen sich die drei Hersteller in dieser Reihenfolge das Siegertreppchen zu teilen.

Es bleibt im wahrsten Sinne spannend, welche Neuzulassungen in den nächsten drei Quartalen registriert werden. Aktuell hat der eCitaro von Mercedes-Benz die Nase vorn. Nach zehn Jahren der intensiven Marktbeobachtung und -analyse ist für Wim Chatrou klar, dass das Geschäft mit Elektrobussen ein ganz spanendes bleibt: „Die Hersteller wechseln die Plätze in den einzelnen Ländern immer wieder, die Spitzenplätze in Europa sind hart umkämpft.“

Dass Bewegung im Spiel ist, zeigt der Blick auf die Quartale Q1 in 2021 und 2022 im Vergleich: Während Ebusco in ersten Quartal 2021 sechs neue Elektrobusse angemeldet hat, tauchen im ersten Quartal 2022 keine neuen Elektrobusse der Niederländer auf. Heuliez bzw. Iveco Bus meldete im letzten Jahr in Q1 nur ein Fahrzeug neu an, in diesem Jahr sind es aber schon acht Elektrobusse. Volvo Buses hatte in Q1 2021 keine neuen Elektrobusse hierzulande angemeldet, in diesem Jahr waren es vier Fahrzeuge. Und auch Irizar trumpfte in Q1 2021 mit 13 Elektrobussen auf, in Q1 2022 ist es hingegen nur ein einziges Exemplar.

Neben den großen Marken sind es mitunter kleinere Anbieter, die auf- und abtauschen: Higer-Chariot, Karsan oder Rampini waren alle in Q1 2021 mit BEV-Fahrzeugen in der Statistik vertreten, in Q1 2022 fehlen sie mit ihren Elektrobussen. Dafür haben die großen Hersteller ihre Weichen gestellt: Daimler Buses machte auf den eMobility Days in Anwesenheit des Bundesverkehrsministers deutlich, dass die Diesel-Ära ein Ende habe: Der eCitaro erhält nach der 2. Batteriegeneration eine Brennstoffzelle als Range Extender, der kurze eCitaro K ist ab 2024 lieferbar.

Und ein elektrisch angetriebener Überlandbus wird 2025 vorfahren. Einen elektrischen Antrieb für Reisebusse werde man ab 2030 im Programm haben. Es bleibt spannend, nicht nur mit Blick auf die Neuzulassungen im Stadtbusgeschäft und die Anteile in Deutschland bzw. Europa.

Autor: Rüdiger Schreiber

2 Kommentare

zu „Q1 2022: Der deutsche Elektrobus-Markt wächst – eCitaro vorn“
Michael
26.05.2022 um 09:14
Wasserstoff als Range Extender. Daraf wird es wohl hinauslaufen.
Sebastian
27.05.2022 um 21:29
Busse haben mehr oder minder eiskalt regulierte Fahrten. Da muss es möglich sein, mit BEVs einen Schnitt zu machen. Der Bus kann am Endhaltepunkt laden, am Depot oder bei Pausen. Da muss niemand ein Mathegenius sein, den Dreisatz Fahrt/Akku/Ladeleistung kann man im Kopf berechnen.

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