Lkw-Lade-Joint-Venture geht als Milence an den Start

Commercial Vehicle Charging Europe, das von Daimler Truck, der Traton Group und der Volvo Group gegründete Joint Venture zum Aufbau eines Hochleistungs-Ladenetzes für schwere Lkw und Reisebusse in Europa, hat jetzt unter dem Markennamen Milence seine Geschäftstätigkeit aufgenommen.

Bereits zur Gründung des Joint Ventures hatte es Stimmen gegeben, wonach Commercial Vehicle Charging Europe (oder die auf sozialen Netzwerken verwendete Kurzform CV Charging Europe) nur ein Arbeitstitel war. Das hat sich nun bestätigt – auf den Social-Media-Plattformen wurden die Accounts bereits umbenannt.

Milence legt mit einer Anfangsfinanzierung in Höhe von einer halben Milliarde Euro seinen anfänglichen Schwerpunkt auf den Ausbau der Ladeinfrastruktur in den Ländern Deutschland, den Niederlanden, Frankreich, Belgien, Spanien, Italien, Norwegen sowie Schweden, wie es in einer Mitteilung von Milence heißt. Mit den 500 Millionen Euro solle Milence ein schnelles Wachstum ermöglicht werden.

Milence will – zumindest laut der Ankündigung – zwei Ziele erreichen. Zum einen geht es um den zügigen Ausbau der Lkw-Ladeinfrastruktur, um einen emissionsfreien Schwerlastverkehr in Europa zu ermöglichen – und nicht nur elektrische Zustell- und Verteilverkehre mit eigenem Ladepunkt im Depot. Gleichzeitig möchte Milence aber auch „den Komfort und die Sicherheit von Berufskraftfahrenden“ verbessern – gleich dazu mehr.

Aufbau soll zeitnah starten

Die Zielsetzung bei der Ladeinfrastruktur ist klar: Die Batterie der kommenden E-Lkw mit mehr als 400 Kilometern Reichweite muss während der gesetzlich vorgeschriebenen 45-Minuten-Pause des Berufskraftfahrenden voll aufgeladen werden können. Die Antriebswende könne nur schnell gelingen, wenn ein öffentliches Ladenetz verfügbar sei, das auf die Anforderungen sowohl des Logistikunternehmens als auch der Berufskraftfahrenden abgestimmt ist, so Milence. „Deshalb haben wir keine Zeit zu verlieren und müssen schon jetzt mit dem Ausbau von mindestens 1.700 Ladepunkte innerhalb von fünf Jahren beginnen“, erklärt Milence-CEO Anja van Niersen.

Auch wenn mit Daimler Truck und der Volvo Group zwei der drei Milence-Anteilseigner auch am Brennstoffzellen-Lkw arbeiten (und im Joint Venture Cellcentric gemeinsam die Brennstoffzellen bauen wollen), wird es laut Milence auch auf der Langstrecke einen Platz für Batterie-Lkw geben. Denn bei der Energiewende komme es darauf an, die verfügbare Energie so effizient wie möglich zu nutzen. „Schon heute stellen Batterie-Lkw die energieeffizienteste und nachhaltigste Option für den Straßengüterverkehr dar“, sagt Van Niersen.

Nur: Wie genau sich das Ladenetz verteilen soll, ist noch nicht bekannt. Etwa wie groß die Abstände zwischen den Stationen sein sollen und wie viele Ladepunkte es je Station geben wird. Auf seiner Homepage sucht Milence nicht nur nach neuem Personal, sondern auch nach Partnern – Technologieunternehmen, Energieversorger, Standort-Eigentümer oder auch Baufirmen.

MCS senkt die Ladezeit deutlich

Die 1.700 Ladepunkte werden sich sowohl auf den aktuellen CCS-Ladestandard als auch das kommende Megawatt-Laden mit dem MCS genannten Standard verteilen. Mit CCS-Ladestationen kann die Batterie eines Schwerlast-Lkw „innerhalb von weniger als 90 Minuten“ geladen werden. Mit dem MCS wird die Batterie eines 40-Tonner Lkw innerhalb von 30-45 Minuten aufgeladen werden können – also während der gesetzlich vorgeschriebenen Pausenzeit. Das MCS werden sowohl der kommende Mercedes eActros LongHaul als auch der schwere E-Lkw von MAN unterstützen.

Bereits in den Diskussionen der vergangenen Wochen rund um den Vorschlag zur Euro-7-Norm oder auf der Fachkonferenz „Klimafreundliche Nutzfahrzeuge“ des Bundesverkehrsministeriums ist klar geworden, dass die öffentliche Ladeinfrastruktur einer der wichtigsten Hebel ist, um Elektro-Lkw in die bestehenden Logistik-Abläufe der Betreiber zu integrieren. Ungeplante Standzeiten zum Laden oder gar Fahrtausfälle mangels ausreichendem Batterie-Ladestand können nur umgangen werden, wenn auch außerhalb des eigenen Depots ein verlässlicher Zugang zu Ladepunkten garantiert ist.

Denn wenn die Integration klappt, können die Betreiber bereits mit dem aktuellen Stand der Technik langfristig Geld sparen. Milence rechnet nun vor, dass nach zwei bis vier Jahren die Gesamtkosten Batterie-betriebener Lkw für viele Transporte einschließlich Langstrecken niedriger ausfallen werden als die von Lkw mit Dieselmotor. „Bisweilen sind die Gesamtkosten von Batterie-Lkw für regionale Transporte schon heute geringer. In ein paar Jahren wird das in vielen Ländern Europas auch für Langstrecken der Fall sein“, erläutert Van Niersen.

Doch beim Güterverkehr auf den Autobahnen fehlt es nicht nur an Ladestationen, sondern auch an Parkplätzen. Obwohl sie für die europäische Wirtschaft eine Schlüsselrolle übernehmen, sehen sich Lkw-Fahrerinnen und -Fahrer oft schwierigen Arbeitsbedingungen ausgesetzt, bei denen Sicherheit, persönlicher Komfort und Hygiene nicht immer gewährleistet sind. „Das merkt jeder, der Strecken auf europäischen Autobahnen zurücklegt“, sagt Van Niersen. „Hinzu kommt, dass fast eine halbe Million Berufskraftfahrende und 40.000 Lkw-Parkplätze fehlen. Da gibt es noch viel Luft nach oben im Straßengüterverkehr.“

Um dem entgegenzuwirken, kündigt Milence an, dass „die Ladestationen sicher und gesichert sind sowie eine Infrastruktur bieten, die die Bedürfnisse von Berufskraftfahrenden erfüllen. Dazu zählen sanitäre Einrichtungen, Gastronomie, Erholungsmöglichkeiten und ein hohes Maß an Sicherheit.“

Nur: Wie das vorhandene Geld aufgeteilt werden soll, ist nicht bekannt. Denn alleine, um die Angebote rund um die Lkw-Stellplätze entlang der Autobahnen zu verbessern (und wenn es nur die ausgewählten Standorte mit Milence-Ladestationen sind), könnte man mehr als 500 Millionen Euro ausgeben. Das Geld muss aber für die Ladestationen und das Umfeld reichen.
prnewswire.com, milence.com

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