Northvolt löst sich von Nebengeschäften und streicht Jobs
Wie Northvolt in einer offiziellen Mitteilung schreibt, ist das Management dabei, „einige harte Entscheidungen zu treffen, (…) um die finanzielle Stabilität des Unternehmens zu verbessern und die operative Performance zu stärken“. Konkret will sich Northvolt von Geschäftseinheiten trennen oder Aktivitäten pausieren, die nicht zum Kern der Geschäftstätigkeit gehören, um über die aktuell sehr angespannte Lage zu kommen. Auch Entlassungen deutet Northvolt-CEO Peter Carlsson als weitere Sparmaßnahme in der Mitteilung an, allerdings ohne die Umfänge des Jobabbaus zu nennen. Dem „Handelsblatt“ sagte der schwedische Manager: „Es ist an der Zeit, aus Erfahrungen zu lernen und das Kerngeschäft zu stärken.“
Schon Anfang Juli hatte Northvolt eine Überprüfung seiner Expansionspläne angekündigt. Der Grund: Northvolt fertigt zwar in Skellefteå seit Ende 2022 Batteriezellen. Aber selbst nach anderthalb Jahren ist der Produktionsausschuss zu hoch, was nicht nur enorme Kosten verursacht, sondern auch die Produktionsmenge der auslieferungsfähigen Zellen weit unter dem Plan hält. Das hatte sogar schon zur Folge, dass Northvolt-Anteilseigner BMW kürzlich einen Milliarden-Auftrag storniert hat. Und: Auch die abflauende Nachfrage nach E-Autos trifft Northvolt natürlich indirekt.
Nun nimmt der schwedische Batteriezellhersteller zur Konsolidierung also erste größere Kurskorrekturen im laufenden Geschäft vor. Erstens soll die Produktion von Kathodenmaterial am schwedischen Hauptsitz in Skelleftea bis auf Weiteres pausieren, die Zellproduktion an dem Standort aber fortgesetzt werden. Zweitens werden Pläne für eine Kathodenfabrik im schwedischen Borlänge gestoppt. Der Standort soll verkauft werden. Und drittens sucht Northvolt auch einen Investor für seine Fabrik für Batteriespeichersysteme im polnischen Danzig.
Northvolts geplante Zellfabriken in Deutschland und Kanada sollen von dem Strategieschwenk zunächst nicht betroffen sein. Allerdings könnte der Ausbau der Fabriken in beiden Ländern später als geplant erfolgen, heißt es im „Handelsblatt“. Bekannt ist bereits, dass sich der Bau der kanadischen Batteriezellenfabrik nach Einschätzung der Provinzregierung von Quebec bis zu 18 Monate länger hinziehen könnte.
Mit Blick auf das Northvolt-Projekt in Heide/Schleswig-Holstein reichen die Spekulationen nach jüngsten Angaben der „Automobilwoche“ aktuell von einer Verschiebung des geplanten Werksbaus bis hin zu einem generellen Rückzug. Nach dem Verlust des BMW-Auftrags hatte Northvolt-CEO Peter Carlsson eingeräumt, dass man bei der internationalen Expansion zu aggressiv vorgegangen sei – und daher die Pläne für weitere Werke neu bewertet werden. „Wir waren mit unserem Expansionsplan etwas zu aggressiv, und das überprüfen wir jetzt“, sagte Carlsson der schwedischen Wirtschaftszeitung „Dagens Industri“ im Juli.
Ein weiteres Update zur Strategie ist Northvolt zufolge für den Herbst geplant. Dann dürfte es auch offizielle Neuigkeiten zu Heide geben. Der Spatenstich war im März 2024 erfolgt. Die Inbetriebnahme soll nach dem letzten Stand 2028 erfolgen.
Northvolt ist unterdessen nicht der erste Batteriezellenhersteller, der seine Pläne anpasst. Im Juni gab das Joint Venture Automotive Cells Company (ACC) von Stellantis, Mercedes-Benz und TotalEnergies bekannt, die Bauarbeiten an seinen Batteriezellenwerken in Kaiserslautern und im italienischen Termoli zu pausieren, um noch auf eine andere Zellchemie umzuschwenken. Ebenfalls im Frühsommer machte der chinesische Batteriespezialist SVOLT publik, sein im September 2022 angekündigtes Werk im brandenburgischen Lauchhammer nicht umzusetzen. Der Bau der SVOLT-Fabrik im Saarland verzögert sich parallel weiter.
Ein weiteres Beispiel ist Ford: Die Pläne für ein türkisches Batteriezellenwerk in Regie von LG Energy Solution und Koç – neben Ford Gesellschafter des Joint Ventures Ford Otosan – liegen schon länger auf Eis. Hintergrund ist ein vom Ford-Konzern eingeschlagener Sparkurs als Reaktion auf Milliarden-Verluste bei der Ford-Elektrosparte Model e und auf die sich abschwächende Nachfrage.
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