Studie: Batterie-Elektroautos wichtiger für europäische CO2-Ziele als Plug-in-Hybride und Range Extender

Nach 2035 sollen in der EU nur noch Neuwagen mit einem CO2-Ausstoß von null Gramm pro Kilometer zugelassen werden können. Kritiker fordern schon lange eine Abschaffung oder zumindest eine Aufweichung dieses Ziels, etwa mittels Plug-in-Hybriden und Range Extendern. Eine neue Studie aus Frankreich legt nahe, dass die Teilzeit-Stromer schon 2035 nicht mehr gebraucht werden.

Bild: Electra

Die Studie wurde von ChargeFrance veröffentlicht, entstand aber in Zusammenarbeit mit der Beratungsgesellschaft Boston Consulting Group (BCG). In dem Verband ChargeFrance haben sich verschiedene Akteure der Ladeinfrastruktur-Branche zusammengeschlossen – von Ladepunktbetreibern wie Allego, Atlante, Electra, Engie Vianeo, Fastned und Ionity über Hardware-Hersteller wie Alpitronic bis hin zu Energieversorgern wie EDF. In Deutschland wurde die Studie jetzt von Alpitronic und Ionity auf einem Panel bei der Intercharge Network Conference (ICNC) in Berlin vorgestellt.

Zahlreiche Daten für die Studie stammen aus Umfragen unter Kunden und Marktanalysen von BCG, etwa zu den Kaufabsichten, den Total Cost of Ownership (TCO) und dem CO2-Ausstoß verschiedener Antriebsarten über den gesamten Lebenszyklus hinweg. „Ihre Expertise in der Marktanalyse war für die Erstellung dieser Studie von entscheidender Bedeutung“, schreibt ChargeFrance – die Schlussfolgerungen stammen aber von dem französischen Ladeinfrastruktur-Verband. Zudem wurden noch weitere Studien als Quellen herangezogen.

Die Hürden für den Umstieg

Zunächst geht es um die Hürden, die E-Auto-Fahrer oder -Interessenten in Umfragen angegeben haben, die wohl auch der weiteren Verbreitung von E-Autos im Massenmarkt entgegenstehen – 13 Prozent der Umfrage-Teilnehmenden in der EU fahren bereits ein E-Auto, 46 Prozent planen den Umstieg beim nächsten Fahrzeugwechsel. Dabei kamen vier Haupt-Hindernisse ans Licht, die laut ChargeFrance „in den meisten Anwendungsfällen aber schnell verschwinden“.

  • Ladezeit: Die Erwartung der Ladezeit lag bei der „nächsten Welle der BEV-Kunden“ in einer Umfrage aus dem Jahr 2024 bei 30 Minuten. Das erreichen viele aktuelle E-Autos schon, der Trend bei hochwertigeren Fahrzeugen geht sogar in Richtung 20 Minuten oder weniger und selbst günstigere Volumenmodelle sind oft in unter einer halben Stunde auf 80 Prozent geladen.
  • Reichweite: Als durchschnittliche Wunsch-Reichweite wurden in der Umfrage 460 Kilometer angegeben. Für die Elektroautos, die 2024 auf den Markt kamen, gibt ChargeFrance eine durchschnittliche Reichweite von 544 Kilometern an. Bei letztgenanntem Wert handelt es sich um die WLTP-Reichweiten, bei den Kunden-Erwartungen wird aber offen gelassen, ob hier der WLTP-Wert oder eine real erzielbare Reichweite gemeint ist. Bei 544 Kilometern WLTP-Reichweite sind real eher 350 bis 400 Kilometer möglich, je nach Bedingungen und Fahrweise. Allerdings nähert sich auch die Real-Reichweite wohl zunehmend den 460 Kilometern an – gerade die anstehenden IAA-Premieren werden bei der Reichweite nochmals nachlegen.
  • Restwert: Im Jahr 2025 liegt laut der Studie der Restwert eines Verbrenners nach fünf Jahren Nutzung bei 45 Prozent seines Neupreises, bei Elektroautos sind es nur 37 Prozent. „Dieser Wiederverkaufswertabschlag dürfte sich von derzeit 8 Prozentpunkten bis 2035 auf 3 Prozentpunkte verringern“, so ChargeFrance. Der erwartete Wiederverkaufswert von E-Autos liegt dann bei 42 Prozent des Neupreises, der Wert für Verbrenner bleibt gleich.
  • Kosten: Batterie-Elektroautos sind schon heute in den meisten Fällen günstiger im Betrieb – die TCO-Studie der Boston Consulting Group hat ergeben, dass Elektroautos für 75 Prozent der europäischen Neuwagen-Kunden günstiger sind. Das trifft immer noch zu, selbst wenn der Spritpreis auf einen Euro pro Liter fallen würde, so die Studie. Im B-Segment sind E-Autos teilweise in der Anschaffung schon günstiger (da bei Kleinwagen die Kosten für eine aufwändigere Abgas-Nachbehandlung bei den Verbrennern mehr ins Gewicht fallen).

Bei den vier Haupt-Kriterien der (potenziellen) Kunden schneidet das E-Auto also schon heute nicht schlecht ab, die weitere Entwicklung dürfte wohl nur zu einer besseren Position der Batterie-Elektroautos führen als der in den Umfragen und Studien erfasste Stand. Das gilt auch für einen weiteren Faktor: die Umweltauswirkungen.

BEV schneiden beim CO2-Ausstoß besser ab

Über die Lebenszyklus-Analysen und CO2-Rucksäcke von E-Autos ist schon viel geschrieben worden, zuletzt gab es eine ausführliche Studie des ICCT. Bei den Werten, die ChargeFrance in seiner Studie nennt, verursachen Batterie-Elektroautos über ihren Lebenszyklus hinweg nur halb so viel CO2-Emissionen wie ein vergleichbares PHEV für einen privaten Nutzer (17 t CO2-Äquivalent gegenüber 28 t CO2-Äquivalent) und 2,7-mal weniger als ein vergleichbares PHEV bei Nutzung als Firmenwagen (46 t CO2-Äquivalent). Bei der PHEV-Unterscheidung zwischen Privatkunden und Firmenwagen beruft sich ChargeFrance auf eine ICCT-Studie aus dem Jahr 2022, in der die Real-Nutzung von Plug-in-Hybriden ermittelt wurde. Privatkunden fahren demnach ihre Teilzeit-Stromer 45 bis 50 Prozent der Strecken rein elektrisch, da sie regelmäßig laden. Firmenfahrzeuge sind hingegen nur zehn bis 15 Prozent elektrisch unterwegs und nutzen überwiegend den Verbrenner. Beide Werte liegen deutlich unter den 80 Prozent Elektro-Anteil, der einst von der EU angenommen wurde.

„Mit BEVs lassen sich Netto-Null-Emissionsziele selbst für große Familienautos erreichen, und ihre Verbreitung nimmt zu, da der Energiemix in Europa dekarbonisiert wird. BEVs stoßen unabhängig vom Energiemix durchweg weniger CO2 aus als PHEVs, meist bereits vor Erreichen einer Fahrleistung von 20.000 km“, heißt es in der Studie. Und: „Ein BEV kostet einen durchschnittlichen Fahrer 640 bis 1.600 Euro weniger pro Jahr als ein PHEV.“

Auch die Range-Extender-Fahrzeuge (EREV), die derzeit in China ein starkes Wachstum verzeichnen, können die reinen E-Autos bei den Umweltauswirkungen und oft auch den Kosten nicht unterbieten. Dabei handelt es sich meist um eher große Fahrzeuge, die eine kleinere Batterie an Bord haben als ein BEV, aber zusätzlich noch einen Verbrennungsmotor als Generator – der aber nie die Räder direkt antreibt. Laut Daten des chinesischen Herstellers Li Auto, der lange Zeit auf solche EREV spezialisiert war, sind die Fahrzeuge zu 35 Prozent Batterie-elektrisch unterwegs. ChargeFrance hat daraus zwei Szenarien modelliert: mit 15 Prozent E-Anteil und 65 Prozent E-Anteil als optimistischeren Fall. Bei beiden Szenarien stößt der Range Extender trotz der kleineren Batterie aber mehr CO2 aus als ein vergleichbares Elektroauto. „ Diese Technologien können in bestimmten ländlichen Gebieten oder Regionen mit hoher Kilometerleistung eine Rolle bei der kurzfristigen Reduzierung der Emissionen spielen, werden jedoch nicht in der Lage sein, die Netto-Null-Ziele zu erreichen, zumal der europäische Energiemix bis 2030 weiter dekarbonisiert wird, wodurch sich der Emissionsvorteil von BEVs weiter vergrößert“, heißt es in der Studie.

Range Extender retten die Verbrenner-Industrie nicht

Und auch bei dem oft angeführten Argument des höheren Know-hows zu Verbrennungsmotoren in Europa kann der Range Extender nur bedingt punkten: Es handelt sich zwar um einen Verbrennungsmotor, aber nicht um ein Hightech-Aggregat aus europäischer Produktion, sondern eher einfache, günstige Benziner. Zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der europäischen Autoindustrie dürften Range-Extender-Fahrzeuge laut der Studie kaum beitragen. Dafür könnten bei einer wachsenden E-Auto-Industrie bis zu 100.000 Arbeitsplätze in der europäischen Batteriefertigung und etwa 70.000 Arbeitsplätze in der gesamten Ladeinfrastruktur-Branche entstehen – letztgenannte Zahl stammt von der europäischen Lobby-Organisation ChargeUp Europe.

Im Fazit appellieren ChargeFrance und seine Partner an die Entscheidungsträger der EU, bei den CO2-Zielen für 2035 standhaft zu bleiben – zuletzt hatte Mercedes-Chef Ola Källenius, einst ein großer Befürworter eines schnellen E-Auto-Umstiegs, in seiner Funktion als Präsident des europäischen Branchenverbands ACEA die EU-Kommission aufgefordert, das strikte CO2-Ziel für 2035 aufzugeben und flexibler zu gestalten – etwa mit Plug-in-Hybriden und Range Extendern. ChargeFrance verweist auf die Ergebnisse seiner Studie: „Die Infragestellung, dass BEV möglicherweise keine nachhaltige langfristige Lösung ist, sorgt für Unsicherheit und könnte das Verbrauchervertrauen beeinträchtigen.“ Daher fordert der Verband ein klares Bekenntnis zum E-Auto.

Kaufanreize und niedrigere Ladekosten

Damit einhergehend sollten ChargeFrance zufolge direkte Kaufanreize die Batterie-Elektroautos gegenüber Plug-in-Hybriden, Range Extendern und Verbrennern für Privat- und Flottenkunden bevorzugen. „Die Senkung der Kosten für das öffentliche Laden, beispielsweise für Haushalte mit begrenztem Zugang zu privaten Ladeinfrastrukturen zu Hause oder am Arbeitsplatz, könnte neben der Gewährung reduzierter öffentlicher Ladekosten in den ersten Jahren nach der Installation ein wichtiger Faktor sein“, heißt es in der Studie. „Auch die Beibehaltung eines robusten Niveaus an E-Credit-Anreizen für das Laden von Elektrofahrzeugen ist von entscheidender Bedeutung. Schließlich muss großer Wert darauf gelegt werden, die Gesamtbetriebskosten für Endkunden transparenter zu gestalten.“

Bei der Präsentation der Studie auf der ICNC war auch ein Vertreter des VDA auf der Bühne. Der Verband der deutschen Autoindustrie war nicht an der Studie beteiligt und pochte auf die Technologieoffenheit, dass der richtige Antriebsmix in der Zukunft entscheidend sei. Die Studie basiere viel auf Annahmen, so die Kritik.

Die Zahlen aus dieser und weiteren Studien hingegen machen klar, welche Antriebsart für die Umwelt am besten ist – und damit wohl auch für eine nachhaltig ausgelegte Industrie.

Quelle: Info per E-Mail, chargefrance.org

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