VW bringt bidirektionales Laden in erste ID.-Modelle

Ab sofort ist mit Elektromodellen der ID.-Familie von VW das bidirektionale Laden mit der Funktion „Vehicle to Home“ möglich. ID.-Modelle mit der 77-kWh-Batterie können damit als ergänzender Stromspeicher für das Haus dienen – vorerst aber nur in Kombination mit einem bestimmten Hauskraftwerk. (Update am Artikelende)

Bild: Volkswagen

VW wird die Funktion auch für bereits ausgelieferte Fahrzeuge freischalten können, sobald diese ebenfalls die Software 3.5 per Update erhalten haben, so die Wolfsburger in der Mitteilung. In der ersten Version sind die betreffenden ID.-Modelle ausschließlich mit dem DC-Hauskraftwerk der Baureihe S10 E Compact der Firma HagerEnergy kompatibel. Weitere Hauskraftwerke sollen später für den Betrieb mit einer bidirektionalen Ladestation (Wallbox) freigeschaltet werden. Schon das jetzt kompatible Hauskraftwerk liegt allerdings im fünfstelligen Preissegment – ohne DC-Wallbox.

Kurz die Eckdaten: Volkswagen setzt beim bidirektionalen Laden bekanntlich auf ein Gleichstrom-System mit dem DC-Ladestandards CCS. Grundlage für das bidirektionale Laden ist die ISO-Norm 15118-2, welche die Kommunikation zwischen E-Auto und der DC-Wallbox beschreibt. Das Auto fungiert dabei als Erweiterung des Heimspeichers bzw. Hauskraftwerks. „Das Fahrzeug wird durch das Hauskraftwerk aktiviert, wenn der Heimspeicher zusätzliche Energie benötigt. Sobald der Heimspeicher wieder geladen ist, beendet das Fahrzeug die Energieübertragung und geht in den Standby-Modus“, schreibt VW. Die Batterie des Fahrzeugs wird dabei aber nie unter 20 Prozent entladen, „um ständige Mobilität zu gewährleisten“.

VW hatte den Schritt bereits lange angekündigt. Bereits im Frühjahr 2022 hatte der damalige VW-Entwicklungsvorstand Thomas Ulbrich (heute Vorstand für „New Mobility“) bei einem Pressegespräch gesagt, dass das bidirektionale Laden mit der Software 3.1 kommen werden – zu diesem Zeitpunkt wurde noch die Version 3.0 ausgerollt. „Damit kann es das Fahrzeug. Ab dann kommt es auf die Infrastruktur an“, so der Manager damals. „Wir als Volkswagen haben uns diesem Zukunftsfeld verschrieben. Wir sind uns aber auch bewusst: Wenn wir mit dem Fahrzeug in den Markt gehen, werden wir in dem weiteren Prozess Pionierarbeit im Gesamtsystem bis hin zur Gesetzgebung leisten müssen.“

Nun ist es die Version 3.5 geworden – und vorerst auch nur mit dem Heim Energie Management System (HEMS) von HagerEnergy. Ist das Update aufgespielt und das S10 E Compact von HagerEnergy installiert, kann das Haus mit Strom aus dem Antriebsakku versorgt werden. Idealerweise handelt es sich dabei natürlich um Solarstrom von der eigenen PV-Anlage, der im Fahrzeug gespeichert wurde. Laut VW könne das Auto „dank der hohen Speicherkapazität“ ein Haus auch über mehrere bewölkte Tage hinweg mit Solarstrom versorgen. Oder eben am Abend, wenn die PV-Anlage keinen Strom mehr liefert. Nimmt man einen durchschnittlichen Verbrauch eines Hauses von ca. 15 kWh pro Tag an, kann es mit der 77-kWh-Batterie etwa zwei volle Tage mit Strom versorgt werden, bevor die untere Schwelle von 20 Prozent Ladestand erreicht wird.

Das System ist darauf ausgelegt, den Eigenverbrauch des PV-Stroms zu maximieren. „Kundinnen und Kunden können selbst entscheiden, wann sie Energie aus dem öffentlichen Netz beziehen und wann sie auf den selbstproduzierten und in der Fahrzeugbatterie gespeicherten Strom zurückgreifen“, so VW. Künftig soll es auch möglich sein, dass aus der Vehicle-to-Home-Anwendung (V2H) ein Vehicle-to-Grid-System (V2G) wird – und das Auto Energie ins Netz abgibt, um zur Stabilisierung des Stromnetzes beizutragen.

„Wir gestalten die Energiewende mit Produkten und Dienstleistungen um das E-Auto herum aktiv mit: Mit der nun verfügbaren bidirektionalen Ladefunktion haben wir ein neues Serviceangebot auf die Bedürfnisse unserer Kundinnen und Kunden zugeschnitten“, sagt Imelda Labbé, Volkswagen-Vorständin für Vertrieb, Marketing und After Sales. „Sie können damit nicht nur Energiekosten sparen, sondern leisten auch einen wichtigen Beitrag zum nachhaltigen Umgang mit Energie.“

VW und der Partner HagerEnergy haben zudem ein Pilotprojekt in Schweden gestartet, bei dem eine ganze Siedlung mit Fahrzeugen und der entsprechenden Ladeinfrastruktur ausgestattet wird. Konkret geht es um die Siedlung Stenberg im schwedischen Hudiksvall. Der Hof, der als Basis für die neue Siedlung umgebaut wurde, steht schon seit rund 350 Jahren. Der schwedische Unternehmer Klas Boman will durch den Umbau die Häuser für weitere 350 Jahre zukunftssicher und nachhaltig aufstellen.

„Stenberg ist ein Projekt, das es nur einmal im Leben gibt. Als wir beschlossen, das ‚weitere 350-Jahre-Projekt‘ zu realisieren, waren Energie und Umwelt der Schlüssel. Jede Entscheidung wurde unter diesen Gesichtspunkten getroffen“, erklärt Boman. „Die Nutzung von elektrischen Fahrzeugen als Energiespeicher war von Anfang an angedacht. Volkswagen ist dankenswerterweise im April 2021 in das Projekt eingestiegen und wir sind jetzt startklar. Dies wird eine der größten Veränderungen auf dem Energiemarkt sein.“

Update 29.01.2024: Mit „Edison V2H“ bietet der Stromspeicher-Spezialist E3/DC seit kurzem eine bidirektionale Ladeoption für das Hauskraftwerk. Die DC-Ladestation wird zunächst in einer kleinen Serie über geschulte Fachpartner vertrieben. Den Marktstart begleitet VW mit der Freigabe bestimmter ID.-Modelle für bidirektionales DC-Laden. Im folgenden Video wird die Lösung näher vorgestellt.

Markus Hackmann, Geschäftsführer e-Mobility beim Osnabrücker Unternehmen P3 Group ist Experte auf dem Gebiet der elektrischen Mobilität und einer der ersten, die in den Genuss einer eigenen, bidirektionalen Wallbox „Edison V2H“ in Verbindung mit einem Hauskraftwerk von E3/DC gekommen sind. E3/DC hat ihn zuhause besucht und gemeinsam mit ihm einen Praxistest durchgeführt.

volkswagen-newsroom.com, e3dc.com, youtube.com (Update)

8 Kommentare

zu „VW bringt bidirektionales Laden in erste ID.-Modelle“
H.Dorsch
07.12.2023 um 08:01
Na endlich Seit mindestens 2012 gibt es Fachleute die das skizieren und manche haben das in Eigenregie schon realisiert ... Mit einem handelsüblichen PV Wechselrichter der an einen modifiziertem BMW i3 angeschlossen ist, wird Strom für das Haus erzeugt siehe https://www.bimmertoday.de/2022/10/11/elektroauto-als-energie-speicher-bmw-i3-uberzeugt-im-test/ Das es über 10 Jahre gedauert hat ... Und fünfstellige Kosten ? Der PV Wechslrichter kostet keine 500 € nochmal 500,- für Installation macht ca . 1000,- €
Marcel Bachmann
07.12.2023 um 08:12
Wieso schreibt electrive nichts von der Anzahl möglichen Entladungen? Nach meinem Wissensstand gibts da bei VW Begrenzungen.
Daniel
07.12.2023 um 14:05
Ja, so ist es tatsächlich. Laut einer Anzeige im Fahrzeug ist die Funktion auf 10.000 kWh oder 4.000 Stunden beschränkt und wird danach softwareseitig deaktiviert. So ist zumindest der derzeitige Stand.
Ralf
07.12.2023 um 11:57
Es gibt m.A. nach einen deutlich größeren Markt für AC-Nulleinspeisung vom EV, wenn die OEM an der Stelle weniger Bedenkenträger wären und die Normung/Regulierung dafür mal festgelegt wäre.Dass AC aus Sicht des OEM etwas höheren Aufwand hat (Grid Codes im Wandler managen) oder das EV dadurch "schwerer" würde halte ich weiterhin für vorgeschoben, denn Kunden würden das als Option sicherlich gerne bezahlen, um die eigene Grundlast mit dem EV vor der Tür abzudecken. Und ein Wandler kann technisch ohne Weiteres bidirektional ausgelegt sein.Welcher Haushalt bezieht 11kW Dauerlast? Die Leistungsklasse reicht locker aus. Dass Wandlerverluste bei kleinen Leistungen relativ hoch sind - geschenkt, wenn es um ohnehin "kostenlosen" PV-Strom geht, der im Akku "lagert".
Daniel
07.12.2023 um 14:10
"Ab sofort ist mit Elektromodellen der ID.-Familie von VW das bidirektionale Laden mit der Funktion „Vehicle to Home“ möglich." Was heißt hier "ab sofort"? Mein aktueller ID.3 aus Januar 2023 unterstützt diese Funktion bereits (SW 3.2).
ERide
11.12.2023 um 07:38
Grundsätzlich sehr positiv, wenn das Ganze langsam ins Rollen kommt. In diesem Zusammenhang interessant dürfte dann werden wie in Zukunft gehandhabt wird, wenn die Halter von Firmenwagen ihre Autos auf Firmenkosten laden und dann zu Hause entladen. Ich vermute mal, in solchen Fällen wird dann die Funktion "Bidirektionales Laden" per Software deaktiviert oder nur mehr für freigeschaltete Wallboxen z.B. innerhalb der Firma zugelassen.
Peter
12.12.2023 um 14:33
Interessant! Wie spielt das mit Firmenwagenmodellen, bei denen der Arbeitgeber Energie, die in das Fahrzeug geladen wird (zu Hause, öffentlich oder beim Arbeitgeber) bezahlt, zusammen? Wie kann sichergestellt werden, dass nicht netto Strom entnommen wird?
Onkelchen
30.01.2024 um 11:04
Tolle Sache, warte ich schon lange drauf, mein Nissan LEAF von 2018 ist schon darauf vorbereitet. Ein Aspekt wurde allerdings nicht erwähnt - was passiert, wenn das Auto seine primäre Aufgabe erfüllt und hauptsächlich unterwegs ist? Muss dann ein ID4-Zweitwagen den Job zuhause machen?

Schreiben Sie einen Kommentar

Ihre E-Mail-Adresse wird nicht veröffentlicht. Erforderliche Felder sind mit * markiert