Bild: Hans Richter

Neues E-Depot und bald 50 E-Lkw: Spedition Nanno Janssen voll auf Stromkurs

Die ostfriesische Spedition Nanno Janssen ist einer der Wegbereiter der Elektromobilität im Schwerlastverkehr. Mit der Übernahme von fünf eActros 600, die bei der Überführung am Kreuz Hilden einem ersten Ladetest unterzogen wurden, zählt das Unternehmen bereits 27 Elektro-Lkw zu seinem Fuhrpark. Und: Nanno Janssen hat nun in Leer auch einen eigenen Depot-Ladepark mit 20 Lkw-Ladepunkten von Siemens eröffnet.

Die Einladung klang schräg, war aber als reine Satire gemeint: „Hiermit verkündet die Lastspitzen-Mafia der Nanno Janssen GmbH nun den ersten Pkw-Ladepark, den wir mit unseren fünf Mercedes eActros 600 überlasten werden: Ladepark Seed & Greet am Kreuz Hilden, Lastspitze: 2.000 kW.“ So verkaufte der bei YouTube als „Elektrotrucker“ bekannte Tobias Wagner seine Idee, bei der Überführung von fünf Elektro-Lkw vom Daimler-Truck-Werk Wörth ins ostfriesische Leer einen konventionellen Ladepark einem Härtetest unterziehen zu wollen.

Der große Lade-Stresstest

Gesagt, getan: An diesem Montag war es nun so weit und Tobias Wagner, der bei Nanno Janssen arbeitet und sozusagen dessen Corporate Influencer ist, tauchte samt Kollegen und den nigelnagelneuen E-Sattelzugmaschinen am frühen Abend in Hilden auf. Der Termin wurde zum Community-Event – zahlreiche Follower des Elektrotruckers waren vor Ort, nachdem er dazu via Social Media aufgerufen hatte.

Idee des Tests, wie es Wagner salopp auf LinkedIn formulierte: „Auf Wunsch testen wir für CPOs mit gleichzeitigen 5 x 400 kW, ob euch euer Trafo Hersteller über den Tisch gezogen hat.“ Entsprechend war die Idee, die fünf eActros gleichzeitig laden zu lassen und zu testen, ob die Anlage diese Ladeleistung auch tatsächlich aushält. Der Test wurde dann am Ladepark Seed & Greet an fünf Ladesäulen von Fastned durchgeführt – und lieferte ein traumhaftes Ergebnis: „Zu sehen, wie diese fünf Lademonster bis 80 Prozent durchgängig mit 400 kW in die 600-kWh-Akkus ziehen – und drei von Ihnen gleichzeitig auch bekommen – das ist der Hammer“, berichtet Roland Schüren, Betreiber von Seed & Greet, gegenüber electrive. „Das war ein Meilenstein, ein Highlight, welches ich nicht vergessen werde.“ Er vergleicht es mit dem Moment, „als wir zu sechst erstmalig mit unseren Tesla Model S die 100 kW plus am Supercharger gezogen haben. Wir hatten uns zu einer Tasse Kaffee im Maxi-Autohof zusammengesetzt, die Handys mit laufender App auf den Tisch gelegt und konnten gar nicht verstehen, dass die Autos voll waren, bevor der Kaffee getrunken war.“

Auch Linda Boll, Country Director Germany von Fastned, war absolut angetan: „Das Electro-Trucking Community-Event am Montag an unserer Fastned-Station im Ladepark Hilden war ein voller Erfolg. Es ist schön zu sehen, wie groß die E-Lkw-Community inzwischen geworden ist. Vor Ort konnten wir zeigen, dass unsere Fastned-Schnellladesäulen auch bei den hohen Anforderungen der E-Lkws zuverlässig funktionieren und durchgehend eine wirklich beeindruckende Leistung liefern. Wir freuen uns über jeden Lkw, der heute schon bei uns lädt.“ Zugleich erläutert sie, dass sich Fastned zwar aufs Schnellladen von Pkw konzentriert, zugleich aber versucht, Stationen so zu planen, dass auch Lkws problemlos laden können. „Gleichzeitig wissen wir: Aufgrund unterschiedlicher Kundenanforderungen und praktischer Themen wie Gewicht, Höhe oder Schleppkurven müssen Ladeinfrastrukturen für Pkw und Lkw langfristig getrennt gedacht werden, um eine massentaugliche Lösung zu schaffen.“

Elektrifizierungsstrategie statt Show-Effekt

Der Lade-Stresstest in Hilden ist natürlich zu einem absoluten Eyecatcher geworden. Doch Nanno Janssen betreibt die Elektrifizierung nicht „just for the show“, sondern meint es absolut ernst mit dem elektrischen Güterverkehr. Mit den mittlerweile am Hauptsitz in Leer angekommenen fünf eActros 600 hat das Unternehmen nach E-Lkw von Volvo, Scania, Iveco und DAF nun auch erstmals elektrische Sattelzugmaschinen von Daimler Truck in seine Flotte integriert.

Insgesamt sind nun bereits 27 E-Lkw bei Nanno Janssen im Einsatz. Und die benötigen natürlich eine eigene Ladeinfrastruktur. Diese hat Nanno Janssen gemeinsam mit Siemens Infrastructure in seinem Depot in Leer errichten lassen. Der Lkw-Ladepark wurde gestern in Anwesenheit von Christian Hirte, Parlamentarischer Staatssekretär im Bundesverkehrsministerium, und weiterer politischer Prominenz eingeweiht. Christian Hirte lobt Nanno Janssen für die Elektrifizierung: „Soll die Transportbranche die Transformation zur Klimaneutralität schaffen, dann braucht es solche Vorreiter.“ Und Geschäftsführer Nanno Janssen sagte in seiner Eröffnungsrede: „Was wir heute einweihen, ist mehr als nur ein Ladepark. Es ist ein Bekenntnis – zur Verantwortung, zur Innovation und zur Zukunft der Mobilität.“

Ladeinfrastruktur am Firmensitz in Leer

Doch werfen wir einen genaueren Blick auf den Depot-Ladepark von Nanno Janssen: Die Idee bestand darin, einerseits CO2-Emissionen zu reduzieren und andererseits die Betriebskosten zu senken. Dies erreichen Siemens Infrastructure und Nanno Janssen, indem eine Ladeinfrastruktur integriert wird, die Energie aus erneuerbaren Energiequellen zum Laden der Fahrzeuge nutzt, selbst bei möglichen Engpässen in der Netzversorgung.

Für den Ladevorgang selbst wurden zehn Ladesäulen mit je zwei Ladepunkten vom Typ SiCharge D 300 kW von Siemens installiert. Am anderen Ende kommt der Strom vor allem von zwei Windrädern und einer 800-kW-Photovoltaikanlage. Zur Installation zählen weiterhin zwei Batteriespeicher vom Typ SieStorage Neo mit einer Leistung von 368 kW und Kapazität von 656 kWh, die Überschussenergie aus der PV-Anlage speichern. Zum weiteren Setup zählen u.a. ein Trafo und mehrere Niederspannungsschaltanlagen, das Lademanagement SICAM DLM auf der Plattform SICAM A8000 und ein MicroGrid Controller inkl. Cloudanbindung zur dezentralen Überwachung und Steuerung/Regelung.

Siemens Infrastructure nennt bei diesem Setting Vorteile wie etwa effizientes Energiemanagement: Durch die Koordination der Energieflüsse und die Steuerung der Ladevorgänge kann das System den Energieverbrauch optimieren und gleichzeitig die Betriebskosten senken sowie Transparenz zu gewinnen. Zudem ermöglicht das System die Priorisierung bestimmter E-Lkw über das dynamische Lastmanagement. Dies kann dazu beitragen, die Effizienz des Ladevorgangs zu verbessern und gleichzeitig die Betriebskosten zu senken.

Von der Region in den Fernverkehr

Nanno Janssen geht die Elektrifizierung seiner Flotte dabei sehr schnell an: Erst im Februar 2024 stellte das Unternehmen seinen ersten 7,5-Tonner für Aufgaben im Landkreis Leer vor. Doch längst ist Nanno Janssen mit seinen nun schon 27 Elektro-Lkw im Fernverkehr bzw. Schwerverkehr angekommen. Wenn man auf YouTube die Videos von Elektrotrucker Tobias Wagner anschaut, sieht man europaweite Transporte von schweren Gegenständen wie etwa von einer Asphaltiermaschine. Die neuen fünf eActros 600 sind für Einsätze in den Segmenten B2C (Mitnahmestapler-Anlieferungen), eMobility (Transporte von Ladesäulen, Fundamenten, Trafo, Solar- und Windanlagen) sowie Werkslinienverkehre vorgesehen.

Bei der Einweihung des Depot-Ladeparks verriet Senior-Chef Nanno Tönjes Janssen: Der Einstieg seines Sohnes Nanno Edzard Janssen in das Familienunternehmen habe vor fünf Jahren den Anstoß für die heutige Elektrifizierung des Fuhrparks gegeben. Denn damals habe die Frage im Raum gestanden: „Was müssen wir heute tun, damit unser Betrieb auch in Zukunft bestehen kann?“ Die Antwort sehen wir heute.

Blick in die Zukunft: 50 E-Lkw bis Jahresende

Längst ist die Firma überzeugt von der Elektromobilität – die E-Lkw-Flotte soll bis Jahresende von jetzt 27 auf dann 50 Fahrzeuge wachsen. Das wird dann mehr als die Hälfte der gesamten Lkw-Flotte von Nanno Janssen sein. Im Alltagsbetrieb habe sich längst gezeigt, dass E-Lkw mit Diesel-Lkw mithalten könnten – und im Betrieb sogar wirtschaftlicher seien, so Nanno Janssen bei dem Event. Und auch die Fahrer seien längst überzeugt, keiner wolle mehr zurück zum Diesel.

Quelle: eigene Recherchen, nwzonline.de, now-gmbh.de

20 Kommentare

zu „Neues E-Depot und bald 50 E-Lkw: Spedition Nanno Janssen voll auf Stromkurs“
Michael Oehlhof
19.06.2025 um 15:19
Schönes Video von dem Community Treffen am Ladepark Seed&Greet in Hilden. https://youtu.be/-GjivimRUdc
Hartmuth
19.06.2025 um 16:20
Ausgezeichnet! Vielen Dank für die vorausschauende Entscheidung, frühzeitig in batterielektrische Mobilität zu investieren und einen gut durchdachten, eigenen Ladepark zu schaffen. Ich wünsche allen Fahrerinnen und Fahrern stets eine sichere Fahrt und den Unternehmern volle Auftragsbücher. So sieht eine zukunftsfähige Verkehrs- und Energiewende in der Logistik aus!
Klaus
19.06.2025 um 18:34
"Man muss das Geld nich hinteranlaufen - man muß das entgegenlaufen!"Multibauer Trede über seine Biogasanlage, die erste im Dorf "Full Metal Village", 2006: https://youtu.be/OgGnweWlWhs?feature=shared&t=3312
Solidgold
19.06.2025 um 18:48
Ich würde den elektrotrucker nicht vergessen er hat sehr zur Beliebtheit und Interesse an der Spedition beigetragen war eine win win Situation .
Florian Treiß
19.06.2025 um 20:40
Deshalb habe ich den Elektrotrucker ja auch in meinem Artikel erwähnt als "Corporate Influencer" des Unternehmens. :-)
Christian Szepesi
19.06.2025 um 22:46
Wo waren die Auflieger geparkt in der Zeit.? Denkt mal nach. Schön reden kann mal alles. Wie brauchen Parkplätze!
Lars Bischoff
20.06.2025 um 12:23
Bei dieser Fahrt würde ich behaupten, daß es keine Auflieger gab, da es eine Unterführung war. Genrell benötigen wir aber mehr Parkplätze, daß ist korrekt
Andreas
19.06.2025 um 23:41
Ich bin so stolz das es mir gelungen ist in der Firma zu arbeiten und fahre deshalb jeden Tag 80 km dort hin und 80 wieder nach Hause
Sebastian
20.06.2025 um 07:44
Vielleicht könnte man als Journalist der einen solchen Artikel verfasst, auch mal recherchieren, wieviele Millionen an steuerfinanzierten Subventionen in die LKW und die Ladeinfrastruktur der Firma geflossen sind und eben das klar darlegen, da auch dieser Fakt Relevanz für den Leser hat.Ein Elektro LKW kostet das dreifache eines herkömmlichen LKWs, der Verbrauch liegt bei über 100 kWh / 100 km was zum Marktpreis mehr als 69 € sind (69 Cent im Basistarif bei Fastned (oder 48,3 ct mit 30 % Rabatt)), damit liegt auch der km Preis über dem eines Diesels. Ohne hohe Subventionen ist das logisch gesehen wirtschaftlich nicht tragfähig.Auf Dauer fehlen durch E-Fahrzeuge auch Steuer- und Mauteinnahmen, damit fehlen Einnahmen für die Erhaltung des Straßennetzes. Schon jetzt werden alle Fahrer von Verbrennern also doppelt bestraft.
Oliver
23.06.2025 um 09:34
Glaube die Spedition investiert nicht so immens wenn es sich nicht rechnen würde, oder? Und ja es wird ja alles subventioniert, von Jobrad über die Landwirtschaft bis hin zu privaten energetischen Maßnahmen. Ist das denn was schlechtes wenn eine logischerweise zu Beginn teure Technik eine Starthilfe bekommen? Der Markt wird es regeln, wir stehen ja vermutlich am Anfang einer neuen Epoche was die Energieerzeugung und Antriebstechnik betrifft, da braucht es eben Anschubfinanzierungen…nichts neues, ungewöhnliches oder gar schlechtes…
Mele
22.06.2025 um 11:22
Zitat: "Ein Elektro LKW kostet das dreifache eines herkömmlichen LKWs, der Verbrauch liegt bei über 100 kWh / 100 km was zum Marktpreis mehr als 69 € sind (69 Cent im Basistarif bei Fastned (oder 48,3 ct mit 30 % Rabatt)), damit liegt auch der km Preis über dem eines Diesels. Ohne hohe Subventionen ist das logisch gesehen wirtschaftlich nicht tragfähig." Dabei darf man nicht vergessen, das der Dieselpreis mit 18ct/l steuerbevorteilt ist ("Dieselprivileg",also indirekt gefördert) was den Steuerzahler jährlich ca. 7-8 Milliarden Euro kostet, und das seit Jahrzehnten. In den Milliarden sind die erhöhten KFZ Steuern eines Diesel-KFZ schon rausgerechnet.
Florian Treiß
20.06.2025 um 17:11
Als Autor dieses Beitrags kann ich Ihnen das Thema Steuergelder gern beantworten: Insgesamt 6,5 Mio. Euro wurden im Rahmen der Richtlinie über die Förderung von leichten und schweren Nutzfahrzeugen mit alternativen, klimaschonenden Antrieben und dazugehöriger Tank- und Ladeinfrastruktur (KsNI) vom Bundesministerium für Verkehr bereitgestellt.Thema Ladepreise: Nanno Janssen kann diese durch die erwähnte eigene Ladeinfrastruktur inkl. PV-Anlage und zwei Windrädern niedrig halten. Aber natürlich müssen die Fahrer auf der Langstrecke auch unterwegs laden. Da versucht sich z.B. Milence als Lkw-Ladeanbieter mit einem Netto-Preis von 0,399 Euro pro kWh zu etablieren und baut nun in schnellem Tempo europaweit Ladeparks, u.a. auch Dank einer EU-Förderung von 111 Millionen Euro, siehe hier: https://www.electrive.net/2025/02/07/milence-und-e-on-drive-bekommen-hohe-eu-foerderung-fuer-neue-ladepunkte/Da kann man natürlich drüber streiten, ob Milence als Tochter von Daimler Truck, Traton (MAN und Scania) und Volvo Group diese Fördermittel bekommen sollten, denn so profitiert man doppelt: von der Förderung der Ladeparks und den dadurch indirekt geförderten Verkauf ihrer E-Lkw, denn ohne Lkw-Ladeparks würde die kaum wer kaufen.
erFahrer
20.06.2025 um 08:40
Gratuliere. Nicht erwähnt und sollte doch auch betrachtet werden. Es reduziert Fuhren für LKW-Diesel in entsprechenden Umfang (und ja auch Öltankernutzung, Pipeline-Pumpleistung , 0,5 l weniger Wasserverbrauch je Liter Diesel in der Raffinerie u.s.w. anteilig) . Auch wenn das große Rad hinter all den, der Ausbau der Erneuerbaren ist, wie das Fam Janssen längst verstanden hat.
Michael
20.06.2025 um 08:45
Ich bin dafür, dass Tobias Wagner mit Pokalen, Orden und höchstdotierten Verdienstmedaillen geehrte wird. Es ist unglaublich wie er mit seiner fröhlich-optimistischen Art, direktem Anpacken und beständigen guten Ideen eine ganze Branche in die Zukunft zieht.
Dixi K
20.06.2025 um 09:58
Absolut genial, geile Firma! Die e Actros sehen richtig gut aus in dem rot und noch dazu schön groß auf der Front electric. Wer heute noch glaub Elektro hat keine Zukunft hat nicht mehr alle Latten am Zaun. lol
Stephan Plümer
20.06.2025 um 13:02
Nanno Janssen ist eine super Firma, Hut ab ! War da auch des öfteren Sachen abholen, sehr nett die Familie. Gruß aus Collinghorst Stephan Plümer
Walter Hachen
20.06.2025 um 16:01
Ich schaue den elektrotrucher wöchentlich seit bald einem Jahr und bin gespannt auf das nächste YT-Video. Sehr sympatisch der Tobias Wagner mit seinem „Krymelix“
Stefan Einsiedler
20.06.2025 um 18:00
Papier ist geduldig
Mikko Rieger
24.06.2025 um 10:11
Hallo miteinander, Sollten an den Siemens Sicharge-D Ladesäulen zur Kartenzahlung (oder anderen Zahlungen) auch Belege ausgegeben werden, so ist ReceiptHero bereits fertig in der Ladesäuleninfrastruktur integriert. Gerne über https://getreceipthero.com/de/ Kontakt aufnehmen und wir erklären dazu mehr und wie eine Inbetriebnahme aussieht.
M Spiekermann
25.06.2025 um 18:18
LEMNET hat nun einen neuen Filter "LKW" für die Suche nach LKW-Ladeplätzen. Wir bitten die E-Auto Community um Mithilfe bei der Pflege von neuen Standorten. Besten Dank.https://www.lemnet.org/Beste Grüße

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