
Megawattladen: Aral Pulse steigt in den Bau von MCS-Ladern für Lkw ein
Die zur BP-Gruppe gehörende Aral-Tochter betreibt in Deutschland zurzeit gut 3.600 Ladepunkte an über 500 Standorten. Damit zählt sie im Pkw-Bereich zu den größten Schnellladeanbietern des Landes. Vor einigen Jahren begann Aral Pulse dann auch, mit Lkw-kompatiblen Schnellladern zu experimentieren. Inzwischen meldet die eMobility-Sparte des Mineralöl-Unternehmens 28 in Deutschland realisierte Ladestandorte für E-Lkw – darunter den schon 2023 eröffneten E-Lkw-Ladekorridor auf über 600 Kilometern der Rhein-Alpen-Verbindung. Einzig: Alle bisherigen Aral-Lkw-Lader warten mit CCS-Steckern auf. Ihre Ladeleistung gibt das Unternehmen mit 300 kW an.
Im Hintergrund arbeitet Aral Pulse parallel schon länger mit Hochdruck an ersten Megawatt-Ladestandorten, die bis zu 1.000 kW liefern sollen. Auf Anfrage von electrive bestätigt ein Sprecher des Unternehmens, dass der Konzern in seinem „Aral pulse“-Ultraschnellladenetz in den kommenden Wochen die Megawatt-Ladetechnologie einführen werde – und zwar an den Standorten Königs Wusterhausen, Buchholz (Aller), Schnaittach, Rastow und Hannover. „Der Bau der ersten der insgesamt fünf neuen Standorte ist fast abgeschlossen“, so der Sprecher. Das MCS-Debüt erfolgt dabei in Hannover. Zur weiteren Reihenfolge der Inbetriebnahmen liegen noch keine Informationen vor. Werfen wir unabhängig davon einen Blick auf die Landkarte:
- Königs Wusterhausen findet sich im Landkreis Dahme-Spreewald in Brandenburg nahe des Autobahnkreuzes A10/A13. Dort werden gemäß Arals interaktiver Lkw-Ladekarte in einem Gewerbegebiet sechs Ladesäulen à 1000 kW entstehen.
- Der Ort Buchholz (Aller) gehört zum Landkreis Heidekreis in Niedersachsen und liegt an der A7 nördlich von Hannover. Dort ist auf dem Autohof Schwarmstedt eine analoge Anlage mit ebenfalls 6 x 1.000 kW geplant
- Schnaittach wiederum grenzt nordöstlich von Nürnberg an die A9 und bekommt auf dem gleichnamigen Autohof ebenfalls sechs Ladesäulen mit je 1.000 kW installiert
- Rastow liegt südlich von Schwerin am Autobahnkreuz A24/A14 und wird neben der Autobahnmeisterei künftig vier Ladesäulen à 1.000 kW bieten.
- In Hannover sind ebenfalls vier Ladesäulen mit je 1.000 kW in einem Industriegebiet am Knotenpunkt A2/B6 geplant. Der Standort liegt dabei am Mittellandkanal.
Die Standorte werden je über sechs bzw. vier Durchfahrts-Ladebuchten verfügen, die alle rund um die Uhr zugänglich sind. Bei den Ladern handelt es sich laut dem Aral-Sprecher um Geräte des Typs Alpitronic HYC1000 mit kombinierter MCS- und CCS-Ladetechnologie. Jede Ladebucht erhält konkret ein eigenes Gerät (1x MCS und 1x CCS). Und: „Die Lkw-Fahrer profitieren von einem 24/7 Zugang zur Infrastruktur vor Ort, darunter WCs, Duschen, Ruhebereiche, Shop- bzw. gastronomische Angebote.“
Sobald die fünf neuen Standorte am Netz sind, werden sie wie die 28 bestehenden CCS-Ladestandorte für E-Lkw mit dem Lkw-Filter in der Aral Fuel & Charge-App angezeigt. „Der Zugang ist über die Aral Fuel & Charge Tank- und Ladekarte, Scania Charging Access, MAN Charge & Go, Greenflux (DKV) und gängige Debit- oder Kreditkarten möglich“, heißt es aus der Aral-Zentrale. Weitere Informationen sollen folgen, sobald die neuen Standorte in Betrieb sind.

Die Einführung der Megawatt-Ladetechnologie markiert bei Aral Pulse den ersten Einsatz von Mitteln aus dem EU-Förderprogramm für alternative Kraftstoffinfrastrukturen (AFIF). Über die AFIF fördert die EU bekanntlich die Transformation des Straßen-, See-, Binnenschiffs- und Luftverkehrs im TEN-V, also weit über den in der Regel am meisten beachteten Straßenverkehr hinaus. Anfang des Jahres hatte BP Europe (Aral Pulse ist die E-Mobilitätsmarke von BP in Deutschland) im Zuge des Programms eine Förderzusage über 26,1 Millionen Euro erhalten, um 29 öffentlichen Ladestandorten für schwere Nutzfahrzeuge in Österreich, Frankreich, Deutschland und den Niederlanden auszurollen. Die fünf nun in der Bundesrepublik entstehenden Standorte sind darin berücksichtigt. Insgesamt sollen über die Förderung 218 Ladepunkte mit je 1 MW und zwölf Ladepunkte mit je 350 kW entstehen.
Und die Pläne reichen bereits weiter: BP Europe hat im November schon weitere Mittel aus dem Förderprogramm AFIF 2 in Aussicht gestellt bekommen. Allerdings steht hier die endgültige Fördervereinbarungen noch aus. Erhält der Konzern die zugesagten 7,4 Millionen Euro werden bis zu zehn weitere öffentlich zugängliche Megawatt-Standorte (mit bis zu 60 MCS-Ladepunkten) in Deutschland entstehen. Diese sollen je maximal drei Kilometer vom TEN-V-Netz entfernt liegen. „An jedem Standort plant der Begünstigte die Installation von drei 1-MW-Ladestationen, die jeweils an zwei Ladepunkte angeschlossen sind. Diese Konfiguration ermöglicht es, entweder die gesamte Leistung von 1 MW an einen einzelnen Lkw abzugeben oder die Stromverteilung auf zwei Lkws gleichzeitig zu optimieren“, heißt es in der Förderbeschreibung.
BP bzw. Aral ist als großer Player natürlich nicht nur in Deutschland, sondern in vielen Märkten gleichzeitig aktiv. Über die erste AFIF-Förderung ist klar, dass der Konzern auch MCS-Ladestandorte in Österreich, Frankreich und den Niederlanden aufbaut. In Großbritannien kooperiert BP zudem mit Moto, um das öffentliche Megawattladen zu verbreiten. Bis 2030 sollen dort insgesamt 300 entsprechende Ladestationen an 23 Standorten entstehen. Und in Spanien tut sich BP mit Iberdrola zusammen, um Megawattlader zu installieren. Als weiterer Kooperationspartner des Mineralölkonzerns in diesem Bereich gilt on top Polens Ladespezialist Ekoenergetyka.
In Deutschland fiel Aral Pulse zuletzt übrigens dadurch auf, dass die Konzerntochter die schon vorhandenen Lkw-kompatiblen CCS-Lader für Privatkunden mit Pkw sperrte. Seit dem 1. September sind die Ladepunkte für E-Lkw deshalb nicht mehr in der Aral-Pulse-App sichtbar und können auch nicht mehr freigeschaltet werden. Damit soll offenbar verhindert werden, dass die Lkw-Ladeplätze mit ihren großen, für Sattelzüge ausgelegten Stellflächen von Elektroautos genutzt werden und im Zweifel belegt sind, wenn ein Elektro-Lkw dort ankommt und laden will.
Dieser Schritt markiert einen Strategieschwenk: Zur Eröffnung des oben erwähnten E-Lkw-Ladekorridors auf über 600 Kilometern der Rhein-Alpen-Verbindung Anfang 2023 hatte Aral Pulse noch angegeben, dass die CCS-Ladesäulen auch von E-Autos genutzt werden können. Was genau zu dem Umdenken geführt hat, darauf ging Aral im August nicht näher ein. Im September – also just mit Beginn der Maßnahme – betonte Aral jedoch, ein Ladeangebot für den Schwerlastverkehr geschaffen zu haben, „das noch besser auf die Bedürfnisse von Truckern zugeschnitten ist“. Seit dem 1. September sind dies Ladepunkte demnach:
- ausschließlich für E-Lkw nutzbar und 24/7 zugänglich
- mit großzügig bemessenen Flächen ausgestattet, sodass Laden ohne Absatteln möglich ist
- zugänglich über die oben genannten Tank- und Ladekarten, Ladedienste sowie Debit- und Kreditkarten
- einfach auffindbar über den genannten Filter in der Aral Fuel & Charge App
Aral betonte zudem, mit der Trennung von Pkw- und Lkw-Ladestationen, dem Ausbau des E-Lkw-Netzwerks und der geplanten Einführung der MCS-Ladetechnologie Flottenbetreiber dabei unterstützen zu wollen, die Standzeiten zu optimieren. Fahrbahnmarkierungen, Beschilderungen, Folierung der Ladesäulen und Informationen auf den Bedienbildschirmen sollen deutlich machen, welche Ladesäulen für E-Lkw und welche für E-Pkw geeignet sind.
Bei MCS-Ladern besteht dann künftig keine Verwechselungsgefahr mehr, denn das Stecker-Layout unterscheidet sich deutlich von den in Pkw verbauten CCS-Ladebuchsen. Mit dem Aufbau entsprechender Lader an Autobahnen will neben Aral Pulse bald auch E.ON mit seinen Partnern Voltix und GreenWay beginnen. Das Trio wird ebenfalls über die AFIF gefördert und plant bis Herbst 2028 rund 330 Megawatt-Ladepunkte entlang der wichtigsten europäischen Verkehrskorridore. Das Netz soll sich über 55 Standorte in Deutschland, Österreich, Dänemark, Spanien, Frankreich, den Niederlanden, Schweden, Polen und Ungarn spannen. Jeder Standort umfasst dabei mindestens vier MCS-Ladepunkte mit jeweils 1 Megawatt (oder mehr) Ladeleistung.
Es zeigt sich also, dass das Joint Venture Milence allmählich Konkurrenz im MCS-Bereich erhält. Das Unternehmen wurde 2022 von den Herstellern Daimler Truck, Traton und Volvo Group gegründet strebt europaweit 1.700 Lkw-Ladepunkte bis 2027 an, darunter 284 MCS-Ladepunkte. Auch wenn der Gesamtumfang des Rollouts bei Milence also wesentlich größer ist, sind die Initiativen in puncto Megawattladen vergleichbar. Übrigens: Auch bei Milence sind die MCS-Lader (und auch gut 250 CCS-Lader) AFIF-gefördert. Sowohl Aral Pulse auch auch das E.ON-Konsortium bilden nun also erste Privatinitiativen in diesem Sektor ohne Hersteller-Beteiligung.
cinea.ec.europa.eu (PDF), service.aral.de, aral.de




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