Sechs weitere EU-Länder wollen „Verbrenner-Aus“ aufweichen
Das Sextett fordert die Kommission auf, den Verkauf von Hybridfahrzeugen oder Fahrzeugen, die mit anderen bestehenden oder künftigen Technologien betrieben werden und „zur Reduzierung der Emissionen beitragen könnten“, auch nach 2035 zu erlauben. Das geht aus einem gemeinsamen Schreiben hervor, das Reuters vorliegt. Unterzeichnet ist der Brief von den Ministerpräsidenten Bulgariens, Tschechiens, Ungarns, Italiens, Polens und der Slowakei. Sie fordern zudem, kohlenstoffarme und erneuerbare Kraftstoffe in den Plan zur Reduzierung der CO2-Emissionen im Verkehr aufzunehmen.
Im Wortlaut schreiben die Ministerpräsidenten an einer Stelle: „Wir können und müssen unser Klimaziel effektiv verfolgen, ohne dabei unsere Wettbewerbsfähigkeit zu gefährden, denn in einer Industriewüste ist nichts grün.“ Das Ziel, ab 2035 gemäß der CO2-Flottengrenzwerte nur noch neue Autos und leichte Nutzfahrzeuge zuzulassen, die im Betrieb kein CO2 ausstoßen, hatten die EU-Länder 2023 verabschiedet. Inzwischen werden aus dem Kreis der EU-Staaten aber zunehmend Zweifel laut. Dass sich gerade jetzt die Stimmen der Kritiker (und auch der Befürworter) mehren, liegt daran, dass die EU in Kürze ein Unterstützungspaket für die europäische Autoindustrie inklusive einer möglichen Abschwächung des Verbrenner-Ausstiegs vorstellen will.
Dafür, dass die EU die Regelung angehen wird, spricht einiges: Vor einer Woche hatte sich bereits EU-Verkehrskommissar Apostolos Tzitzikostas positiv zu einer Aufweichung der CO2-Ziele der EU und neue Verbrenner nach 2035 geäußert. Im Gespräch mit dem Handelsblatt antwortete Tzitzikostas auf die Frage, ob die EU nicht nur Hybridautos, sondern auch klassische Verbrenner erlauben werde, dass man „offen für alle Technologien“ sei und die Kommission in der neuen Regelung „alle technologischen Entwicklungen“ einbeziehen werde.
Diese Aussagen hat er in der aktuellen Lage natürlich auf die jüngsten Vorgänge in Deutschland bezogen. Die EU-Kommission will voraussichtlich im laufenden Monat einen neuen Vorschlag für die CO2-Ziele ab 2035 vorlegen – gleich dazu mehr. Dass dieses Ziel überprüft werden soll, stand bereits länger fest. Ende November hatten sich Union und SPD in einer Koalitionssitzung auf eine gemeinsame Position der Bundesregierung geeinigt: Bundeskanzler Friedrich Merz (CDU) hatte in einem Brief an Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen gefordert, die EU solle bei ihrer Revision der Flottengrenzwerte ab 2035 neben Elektroautos auch Plug-in-Hybride, Fahrzeuge mit Range Extender und „hocheffiziente“ Verbrenner berücksichtigen.
Mit den Äußerungen von Verkehrskommissar Tzitzikostas könnten die „hocheffizienten“ Verbrenner also tatsächlich eine Zukunft nach 2035 haben – auf den ersten Blick. Denn der griechische Politiker schränkte seine Aussage umgehend ein, dass man auch „die Rolle von emissionsfreien und emissionsarmen Kraftstoffen und fortgeschrittenen Biokraftstoffen“ prüfen werde. Zwei weitere Kommissionsbeamte bestätigten offenbar dem Handelsblatt, dass man „traditionelle Verbrennermotoren zulassen wolle, solange diese mit Biokraftstoffen oder E-Fuels betankt werden“. Diese Einschränkung hatte Merz nicht gemacht, was nahelegt, dass es dem Bundeskanzler darum geht, „hocheffiziente“ Verbrenner mit fossilen Kraftstoffen zu betreiben.
Bis zur Klarheit in dieser wichtigen Frage wird es nicht mehr lange dauern. Konkret stand der 10. Dezember als Datum im Raum, an dem die EU-Kommission das neue „Autopaket“ mit den CO2-Flottengrenzwerten vorstellen wollte. Reuters meldet nun aber unter Berufung auf Insider, dass die Veröffentlichung auf den 16. Dezember verschoben wurde – jedoch könne sich dies noch ändern. EU-Verkehrskommissar Tzitzikostas hatte vor einer Woche eine mögliche Verschiebung bis in den Januar angedeutet. Begründet hat er die Verzögerung mit dem Umfang des Pakets und dessen Bedeutung – es sei entscheidend „für die europäische Industrie, die Bürger und unsere Wettbewerbsfähigkeit“.
Übrigens: In dem „Auto-Paket“ soll es neben den neuen Regelungen rund um die CO2-Ziele auch „neue Anreize für Elektroautos in Unternehmensflotten“ geben. Wie genau das aussehen wird, ist noch unklar. Im Raum steht schon länger eine E-Auto-Quote von 100 Prozent ab 2030, womit danach ohnehin nur noch Privatkunden die „hocheffizienten“ Verbrenner und Hybride kaufen könnten. Die Mietwagen-Branche läuft schon jetzt Sturm gegen die möglichen EU-Vorgaben.
reuters.com (Brief), reuters.com (Unterstützungspaket)





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