Power2Drive: Wie es um die Elektrifizierung der Flotten in Deutschland steht

Egal ob groß oder klein, Unternehmen müssen und wollen ihre Flotten elektrifizieren. Allerdings ist das manchmal leichter gesagt als getan, so die Teilnehmer des Panels „Electrive Flotte Special: E-Fuhrpark – Lösungen für flottes Management“ auf der Power2Drive in München.

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Mit Helmut Engelmaier von Sixt sitzt ein Vertreter eines bekannten gewerblichen Fuhrparks auf der Bühne – er ist Executive Director Operational Performance DACH bei der Autovermietung. Diese will ihre Flotte bis 2030 zu 70 bis 90 Prozent elektrifizieren. Der ehemalige Vorstandschef und Großaktionär Erich Sixt geht mit gutem Beispiel voran und fährt, nach Angaben von Engelmaier, einen Porsche Taycan.

Aber nicht alle Unternehmen täten sich beim Umstieg auf das Elektroauto so leicht, bemerkt electrive-Chefredakteur und Panel-Moderator Peter Schwierz. „Elektromobilität braucht ein umfassendes und weitreichendes Know-how“, erklärt Axel Schäfer, Geschäftsführer vom Bundesverband Betriebliche Mobilität e.V., das Problem. Deswegen hätten viele kleinere Unternehmen nicht die Möglichkeit, sich mit dem Thema auseinanderzusetzen. Und viele würden weiterhin „den Aufwand scheuen“ – und die zusätzlichen Kosten. Wobei er durchaus anerkennt, dass es besser werde.

Bei großen Flotten liege die Schwierigkeit oftmals nicht bei der Beschaffung, sondern bei der Steuerung. Beispielsweise sei die Abrechnung der Ladekosten nach wie vor eine Wissenschaft für sich.

Dem stimmt auch Dr. Karl Kolmsee, Vice President Product & Portfolio Management Charging Systems bei Webasto Group, zu. Zumal bei großen Flotten nicht nur die Abrechnung der Ladekosten zu bedenken sei, sondern auch die Gleichberechtigung der Mitarbeiter. Wenn einem die Möglichkeit gegeben wird, zu Hause oder am Arbeitsplatz zu laden, müssen das alle können und dürfen. Und was darf dann der mit dem Verbrenner-Fahrzeug?

Kolmsee sieht Mitarbeitende aber auch als treibende Kraft bei der Elektrifizierung von Firmenflotten. Denn die Möglichkeit, am Arbeitsplatz zu laden, kann einen Arbeitgeber im Vergleich zu anderen interessanter machen.

Schwierz fragt, warum sich Kommunen bei der Elektrifizierung so schwertun. Insbesondere kommunale Flotten, wie etwa das Ordnungsamt, hinkten dem deutschlandweiten Durchschnitt hinterher.

Grund sei unter anderem die dezentrale Beschaffung der Flottenfahrzeuge, erklärt Conrad Hammer, Leiter Team Bund-Länder-Koordinierung und Team Fördern bei der Nationalen Leitstelle Ladeinfrastruktur. Es brauche klare Ansagen von der Spitze.

„Wenn die kommunale Leitung, die ja eine politisch gewählte Vertretung ist, nicht von dieser Thematik überzeugt ist, dann läuft das ins Leere“, so Hammer. Aber es gebe auch Kommunen, wo es gut laufe, wie beispielsweise in Hamburg, fügt Hannes Newe, Data Scientist bei Stromnetz Hamburg hinzu. Dort müsse eine Behörde einen Grund nennen, wenn etwas anderes als ein E-Fahrzeug beschafft werden soll. Zudem fördert die Hansestadt elektrische Taxi- und Carsharing-Flotten – auch durch den Ausbau der Ladeinfrastruktur. „Wir sehen den Bedarf und wir verdichten auch gerade dort noch das Angebot.“

So also der Ist-Zustand. Aber wo geht die Reise hin?

„Sixt investiert 50 Millionen Euro in Ladeinfrastruktur“, äußert Engelmaier. Dass Sixt bereits Parkplätze hat, könne dabei ein Segen und ein Fluch zugleich sein, denn insbesondere im Mittelspannungsbereich sei es oftmals schwierig, überhaupt eine Aussage zu erhalten, wie viel Leistung zur Verfügung stünde. An manchen Orten dauere es bis zu sechs Monaten, an anderen sogar deutlich länger. „Da brauchen wir ganz dringend Unterstützung von der Politik und von den Netzbetreibern“, so Engelmaier.

Welche Ladeinfrastruktur benötigt wird, hat Sixt anhand der Flottenzahlen und der voraussichtlichen Vermietungen sowie dem State of Charge, den ein Fahrzeug bei Übergabe an den Kunden haben muss, ermittelt. An Flughäfen, wo der Umschlag oftmals deutlich schneller erfolgt als an anderen Standorten, seien somit Schnelllader notwendig. An Orten, wo auch nachts geladen werden kann, setzt der Autovermieter auf „batteriefreundliches AC-Laden“.

„Was für mich von Anfang an klar war, ist, dass wir intelligente Ladeinfrastruktur brauchen“, fügt der Sixt-Manager hinzu. Nur so könne die „zur Verfügung stehende Strommenge“ optimal ausgenutzt werden.

Dem stimmt der Webasto-Repräsentant zu. „Die Lade-Lücke wird es dann nicht geben, wenn es uns gelingt, über vernünftiges Datenmanagement die Ladepunkte möglichst effizient zu nutzen“, sagt Kolmsee.

Newe fügt hinzu, dass Ladeinfrastruktur im öffentlichen beziehungsweise halböffentlichen und im privaten Raum zusammengeführt werden müsse. Es ginge nicht darum, „Ladeinfrastruktur einfach nur mehr und größer aufzubauen, sondern effizienter und intelligenter zu nutzen.“ So könnten private Ladestationen, die nachts nicht genutzt werden, in der Zeit an Dritte freigegeben werden. Als Beispiel nennt er eine Schule, deren Ladeinfrastruktur nach 16 Uhr nicht mehr genutzt werde. Dann könnten die Säulen für Taxis oder Carsharing zur Verfügung gestellt werden.

Gute Idee, so Hammer, aber das Problem sei die aktuelle Rechtslage, die solche Konzepte oft verhindere. So sei aktuell etwa nicht möglich, Ladeinfrastruktur auf dem Parkplatz des Supermarktes außerhalb der Öffnungszeiten zugänglich zu machen. „Das ist die aktuelle Rechtslage, die dann eben sagt: Wenn der Handel um 21 Uhr schließt, muss die Schranke fallen. Und dann steht da die teure Ladeinfrastruktur, teilweise sogar von uns gefördert, an Sonntagen oder nach Ladenschluss eben still.“

Rechtlich gebe es so einige Baustellen, ergänzt Schäfer. „Denken Sie bitte auch an die Photovoltaik zu Hause auf dem Dach.“ Denn es sei aktuell nicht möglich, dass Mitarbeiter zu Hause den eigens produzierten Solarstrom laden und den Strom dennoch von dem Arbeitgeber vergütet bekommen. Dabei sei das doch ganz im Sinne der Energiewende und könne helfen, das Stromnetz zu Peak-Zeiten zu stabilisieren, so der Verbands-Geschäftsführer.

Übrigens: Eine neue Förderung hat Hammer bei der Power2Drive noch nicht verkündet. Er betont, dass die Jahre mit den gut gefüllten Kassen vorbei seien und fügt hinzu: „Ich will auch eins nochmal sagen: Wir haben natürlich auch aktuell eine Hausleitung für die Technologie-Offenheit an erster Stelle stehen, um das mal so diplomatisch auszudrücken.“ Das mache es für die Elektromobilität nicht immer einfacher. Hammer macht aber dennoch klare Andeutungen, dass es eine neue Förderung geben werde und dass die Einzelheiten vermutlich noch in diesem Monat bekannt gegeben werden.

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