Volkswagens Batterie-Fortschritte: Einheitszelle jetzt, Feststoff-Technologie bald
Volkswagen zeigt auf der IAA Mobility nicht nur seine künftigen Autos – allen vorn den ID. Polo –, sondern auch die Konzern-weiten Fortschritte bei der Batterietechnologie. Als nun serienreif rückt das Unternehmen allen voran seine Einheitszelle und ein innovatives Batteriesystemdesign ins Rampenlicht. Mit einem E-Motorrad der besonderen Art geben die Wolfsburger aber auch das Signal, dass sie es mit der Feststoffbatterie ernst meinen. Zumal die Einheitszelle die Feststoff-Technologie unterstützen soll.
Doch der Reihe nach: Schauen wir zunächst auf die von PowerCo verantwortete Weltpremiere der eigenen Einheitszelle und Cell-to-Pack-Batterie (CTP) auf der Messe. Die Einheitszelle war die Ankündigung schlechthin, als Volkswagen im Frühjahr 2021 seine Batterie-Roadmap für das Jahrzehnt vorstellte. Sie soll Komplexität und Kosten senken und nach den damaligen Vorstellungen, „bis 2030 in bis zu 80 Prozent aller E-Fahrzeuge des Konzerns verbaut werden“.
Prismatische Zelle mit 660 Wh/l
Viereinhalb Jahre später ist die Einheitszelle serienreif. Es handelt sich um eine prismatische Zelle, den Trend zur Rundzelle macht Volkswagen also im Volumensegment nicht mit. Debütieren soll die Einheitszelle in der E-Kleinwagenfamilie von Volkswagen, Skoda und Cupra. Vom Band läuft sie laut Volkswagen ab Ende des Jahres in der Gigafabrik Salzgitter, später sollen Valencia (Spanien) und St. Thomas (Kanada) folgen. „Auch Vorprodukte wie das Kathodenmaterial stammen aus europäischer Produktion. Damit wird die Einheitszelle zu einem Meilenstein für die europäische Automobilindustrie, die in der Batterietechnologie bislang kaum vertreten ist“, betont der Autobauer.
Technologisch wartet die Einheitszelle mit einer Energiedichte von rund 660 Wh/l auf – „ein großer Sprung nach vorne“, wie das Unternehmen frohlockt. „Gegenüber bisherigen Zellen [im Volumensegment, Anm. d. Red.] entspricht das einem Plus von rund 10 Prozent.“ Das Batteriesystem hat PowerCo ebenfalls komplett neu entwickelt und setzt nun durchgängig auf die Cell-to-Pack-Technologie. Heißt: Die Batterien verzichten auf die Modulebene, die Zellen werden direkt in das Pack verbaut.






450 Kilometer Reichweite in E-Kleinwagen
Das Batteriesystem und die prismatische Einheitszelle sind laut Volkswagen optimal aufeinander abgestimmt. In der E-Kleinwagenfamilie von Volkswagen, Skoda und Cupra kommen die Innovationen gekoppelt zum Einsatz und sollen bis zu 450 Kilometer Reichweite sowie Ladezeiten von unter 25 Minuten erlauben. Beides sind allerdings noch Prognosewerte.
Zum Herstellungsverfahren präzisiert Volkswagen zudem, dass „wesentliche Bauteile“ des Batteriesystems im Großgussverfahren hergestellt werden, was weitere Vorteile beim Gewicht bringen soll. Zugleich sei es gelungen, die Kosten gegenüber bisherigen Batterien signifikant zu reduzieren. An dieser Stelle gehen die Wolfsburger aber nicht näher ins Detail. Es bleibt unklar, wie umfangreich die Kosteneinsparungen ausfallen. 2021 kündigte der Konzern noch an, die Kosten im Schnitt um 30 Prozent senken zu wollen, bei kleineren Fahrzeugen sogar um bis zu 50 Prozent.
Einsatz in bis zu 80% der Konzern-Fahrzeuge
Einer anderen Messlatte von 2021 bleibt der Konzern auf jeden Fall treu. Auch zur IAA Mobility wiederholt Volkswagen, dass die Einheitszelle künftig in bis zu 80 Prozent der eigenen Elektrofahrzeuge über Marken und Regionen hinweg zum Einsatz kommen soll. Der Zelltypus bleibt dabei gleich, die Zellchemie kann aber variieren und so „von LFP über NMC bis hin zur Feststoffzelle bestückt werden“. Die Idee dahinter ist eine Standardisierung bei möglichst hoher Flexibilität. Entwickelt und produziert wird die Einheitszelle dabei nicht nur von PowerCo, sondern auch von externen Lieferanten.
Frank Blome, CEO der PowerCo, kommentiert: „Die Batteriezelle ist eine Schlüsseltechnologie des 21. Jahrhunderts und für die Zukunft der europäischen Automobilindustrie von zentraler Bedeutung. Heute machen wir einen großen Schritt hin zu unserem Ziel, die Batterietechnologie in Europa zu etablieren.“ Volkswagens erste Serienzelle sei technologisch absolut auf Augenhöhe mit den etablierten Wettbewerbern. „Und wir arbeiten bereits an weiteren Kundenprodukten mit LFP- oder auch Natrium-Ionen-Chemie. Die PowerCo entwickelt sich mit hoher Geschwindigkeit zu einem globalen Zellhersteller und zum European Battery Tech Driver.“
Feststoffbatterie rückt in Reichweite
Eine Zukunftstechnologie, an der Volkswagen mit Hochdruck entwickelt, ist dabei die Feststoffbatterie. Dazu hat der Autokonzern schon länger eine Partnerschaft mit dem Spezialist QuantumScape am Laufen. Erst im Juli gaben beide Seiten bekannt, ihre strategische Kooperation und ihre Lizenzvereinbarung nochmals erweitern zu wollen. Außerdem ist Volkswagen inzwischen durch mehrere Invests in nicht unerheblichen Umfang an der US-Firma beteiligt.
Vor diesem Hintergrund haben nun die Volkswagen-Töchter PowerCo und Audi zusammen mit Ducati erstmals ein elektrisches Motorrad mit einer Feststoffbatterie von QuantumScape ausgerüstet. Der Technologieträger sei „der nächste Meilenstein auf dem Weg vom Labor in die Serie“, wie es die Wolfsburger ausdrücken. Der Entwicklungpfad ist jedoch noch lang: Ziel sei die Kommerzialisierung einer marktfähigen Lösung bis zum Ende des Jahrzehnts, heißt es.
980 Zellen auf einem Motorrad
Das Motorrad selbst basiert auf einer vollelektrischen Ducati V21L, wurde aber umfassend modifiziert. So haben die Partner das Batteriesystem speziell auf die Anforderungen der Feststoffbatterie ausgelegt: Es kann daher mit bis zu 980 QSE-5-Zellen von QuantumScape bestückt werden. Der Feststoffbatterie-Spezialist setzt bei seinen Zellen bekanntlich auf eine Lithium-Metall-Anode und einen keramischen Separator.
Zum Hintergrund: Die B-Musterzelle namens QSE-5 soll das erste kommerzielle Produkt von QuantumScape werden – mit einer Kapazität von 5 Ah, einer Energiedichte von über 844 Wh/l und einer Ladedauer von 12,2 Minuten von 10 % auf 80 % SoC (State of Charge). Im Oktober 2024 startete der Hersteller eigenen Angaben zufolge in kleinem Umfang sowohl mit der Fertigung als auch mit der Lieferung dieser Zellen für Tests an Kunden im Automobilbereich. Unter den Adressaten ist natürlich auch Volkswagen: Denn dessen Batterie-Tochter PowerCo strebt die Industrialisierung von Feststoffbatterien an und hat dazu im Juli 2024 einen Deal mit QuantumScape geschlossen. Angestrebt ist eine Lizenz-Partnerschaft zur späteren „Serienfertigung von Feststoffzellen im Gigawattstunden-Maßstab“.

Laut Thomas Schmall, Konzernvorstand Technik, hat die Feststoffbatterie das Potenzial, zu einem Gamechanger in der E-Mobilität zu werden. „Gemeinsam mit unserem Partner QuantumScape wollen wir die Technologie jetzt industrialisieren und den nächsten Schritt in Richtung Serie machen. Mit der Einheitszelle haben wir dafür ideale Voraussetzungen geschaffen: Sie ist ,Solid State-ready‘ und ermöglicht einen schnellen Technologietransfer in die Fahrzeuge des Konzerns, sobald die Feststoffbatterie bereit ist. Die Batteriestrategie des Konzerns ist zukunftsweisend und bietet zugleich bislang unerreichte Skaleneffekte.“
Siva Sivaram, CEO von QuantumScape, äußert sich ebenfalls: „Heute ist die Feststoffbatterie von QuantumScape näher an die wirtschaftliche Realität herangerückt. Seit mehr als einem Jahrzehnt arbeiten wir eng mit dem Volkswagen Konzern zusammen, um unsere bahnbrechende Technologie voranzutreiben und die von E-Auto-Kunden gewünschten Reichweiten, Ladezeiten und Sicherheitsstandards zu bieten. Unser Fokus liegt jetzt darauf, diese Technologie auf den Markt zu bringen und neu zu definieren, was leistungsstarke Elektromobilität ausmacht.“
Nächstes Ziel: ein renntaugliches Motorrad
Die Projektpartner geben an, die Feststofftechnologie in den kommenden Monaten weiter erproben zu wollen. Als nächstes Etappenziel nennen sie die Entwicklung eines renntauglichen Motorrads für Tests auf der Rennstrecke. Parallel arbeiten PowerCo und QuantumScape aber auch an der Integration der Feststofftechnologie in die Einheitszelle – und damit ins Auto.
Volkswagen-Chef Oliver Blume gibt sich mit den Fortschritten zufrieden: „Mit Batteriezelle, Batteriesystem und E-Antrieb haben wir die Schlüsseltechnologien der E-Mobilität selbst in die Hand genommen und können so die besten Lösungen für unsere Kundinnen und Kunden entwickeln. Gleichzeitig stärken wir den Automobilstandort Europa durch eine regionale, resiliente und nachhaltige Entwicklung und Produktion. Unser erstes Konzernfahrzeug mit Feststoffbatterie und der Einsatz unserer Einheitszelle in der neuen Electric Urban Car Family […] sind weitere Meilensteine auf unserem Weg zum globalen Technologie-Treiber der Automobilindustrie.“
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