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Bild: Daimler Truck
HintergrundBatterie

Zuschlag für BMZ Polen: Daimler Buses wechselt Batteriepartner

Daimler Buses und der Batteriesystembauer BMZ Polen haben eine strategische Partnerschaft für die Entwicklung und Lieferung der nächsten Generation von Elektrobus-Batterien vereinbart. Damit wechselt der Bushersteller seinen Batterie-Lieferanten. Kunden von Daimler Buses können ab Mitte des Jahrzehnts mit den neuen "NMC4"-Akkus rechnen.

Mit der neuen Akku-Generation will Daimler Buses mit seinen E-Bussen eine höhere Reichweite und eine längere Lebensdauer der Batterien erreichen. Konkreter wird der Bushersteller an dieser Stelle zwar nicht. Aber da die im September 2022 eingeführte, aktuelle Batterie-Generation „NMC3“ übertroffen werden soll, lohnt sich ein Blick in deren Datenblatt: Die NMC3-Batterie basiert auf Rundzellen des Formats 21700 (21 mm Durchmesser, 70 mm Länge) mit Nickel-Mangan-Kobalt-Chemie, wobei 600 Zellen in ein Batteriemodul passen und neun Module zu einem Pack montiert werden. Der Energiegehalt auf Pack-Ebene: 98 kWh. Im zwölf Meter langen eCitaro-Solobus können bis zu sechs Packs (ergo: 588 kWh) verbaut werden, in der 18 Meter langen Gelenkbus-Version bis zu sieben Packs (686 kWh). Damit garantiert Daimler Buses Reichweiten von 280 Kilometern beim elektrischen Solo- und 220 Kilometern beim entsprechenden Gelenkbus. Die Lebensdauer der Batterie gibt deren Hersteller mit bis zu 4.000 Ladezyklen an.

Die neue Batterie-Generation soll nach Angaben von Daimler Buses eine höhere Energiedichte erhalten und daher bei gleicher Batteriegröße weiter kommen. In puncto Zellchemie bleibt es bei Nickel-Mangan-Kobalt, wobei sich natürlich die Dosierung der einzelnen Batteriezutaten ändern kann. Daimler Buses will sich dazu auf Anfrage von electrive noch nicht äußern. Klar ist: Die Montage der neuen Batterien übernimmt BMZ Polen, die in Gliwice ansässige Tochter der BMZ Holding aus Karlstein am Main.

„BMZ wird die bisherige Batterietechnologie gemeinsam mit Daimler Buses für die Anforderungen von E-Bussen weiterentwickeln“, teilen beide Seiten mit. Kunden von Daimler Buses könnten ab Mitte des Jahrzehnts von den neuen NMC4-Akkus profitieren. Also wohl schon kommendes Jahr. Mehr gibt das Duo zu diesem Zeitpunkt nicht preis – auch nicht, ob die neue Batterie für den Stadtbus eCitaro oder ein möglicherweise neues Produkt aus dem Daimler-Portfolio gedacht ist. Für „Mitte des Jahrzehnts“ ist ja bekanntlich auch der erste Überlandbus des Konzerns angekündigt.

Bisher stets mit Akasol-Batteriesystemen unterwegs

Interessant ist, dass Daimler Buses sich bei der nächsten Batterie-Generation von Akasol lossagt. Dem deutschen Batteriesystem-Hersteller, der 2021 vom US-Konzern BorgWarner aufgekauft wurde, hatte der Bushersteller bisher die Batteriemontage anvertraut. Die Packs laufen dabei in Hessen vom Band.

Künftig sollen die Batterien also aus Polen kommen. Die dortige BMZ-Tochter wurde 2010 gegründet und gibt nun an, im Zuge der frisch unterzeichneten strategischen Zusammenarbeit mit Daimler Buses ihre Produktion am Standort Gliwice ausbauen und das Werk zum ersten seiner Art in der EU machen zu wollen: „Es wird speziell für die Produktion von Busbatterien ausgelegt und über eine vollautomatische Montagelinie verfügen“, äußert Paweł Kępski, Head of Business Unit EV von BMZ Poland.

Die BMZ Holding ist ein bekannter Player in der deutschen Batterie-Landschaft. Ihre Lithium-Ionen-Systemlösungen konzipiert sie nicht nur für eMobility-Anwendungen, sondern u.a. auch für stationäre Heim- oder Industriespeicher. Einige erinnern sich vielleicht noch, dass das Unternehmen Ende 2018 das strauchelnde Batteriezellen-Konsortium TerraE übernahm, das hohe Ambitionen zum Aufbau einer Zellfertigung in Deutschland hegte. Unter dem Label Terra E vertreibt BMZ seit 2022 auch eigene Zellen, die allerdings bei Partnern „auf bestehenden Linien von Tier-One-Lieferanten in Asien“ gebaut werden, wie das Unternehmen 2022 ausführte. Einer davon ist der chinesische Hersteller CALB (China Lithium Battery Technology), mit dem seit Juli 2022 eine strategische Kooperation besteht. Auf der eigenen TerraE-Homepage bietet BMZ aktuell verschiedene Zellen der Formate 18650 und 21700 an. Als Produktionsstandorte nennt BMZ neben Polen die Länder China, USA, Nordmazedonien und Brasilien.

BMZ fühlt sich in seiner E-Bus-Strategie bestätigt

Tomasz Jankowski, Geschäftsführer von BMZ Polen, kommentiert die neue Partnerschaft mit Daimler Buses wie folgt: „Seit einem Jahrzehnt verfolgen wir die Strategie, führende E-Bus-Systeme zu entwickeln und zu produzieren. Wir freuen uns nun auf die Zusammenarbeit mit Daimler Buses.“ In Bezug auf den Elektrobusmarkt habe sein Unternehmen konsequent eine Wachstums- und Investitionsstrategie verfolgt. „Für mich persönlich stellt der Zuschlag von Seiten Daimler Buses die Bestätigung des von uns eingeschlagenen Weges dar. Gemeinsam werden wir diese Strategie nun in einem deutlich größeren Maßstab umsetzen können.“

Laut Michael Klein, Leiter Produktentwicklung und Operations Daimler Buses, verbinden beide Unternehmen mit ihrer Zusammenarbeit zwei wichtige Aspekte, nämlich „die Expertise von Daimler Buses in der Entwicklung und Herstellung von Bussen und das Know-how von BMZ bei Lithium-Ionen-Batterien für Nutzfahrzeuge“. Er freue sich auf eine hervorragende neue Generation von Batterien. „Diese Zusammenarbeit ist ein wichtiger Meilenstein auf dem Weg zu einem emissionsfreien öffentlichen Nahverkehr in ganz Europa.“

Das Wörtchen „Nahverkehr“ in Kleins Statement nährt dabei die Aussicht, dass die Batterien aus Polen eher im Stadt- als im Überlandverkehr eingesetzt werden sollen. Der eCitaro als Stadtbus ist bei Daimler Buses seit 2018 in Serie, aber auch die anderen Bussegmente nimmt das Unternehmen bei seiner E-Roadmap in den Fokus: Ab Mitte des Jahrzehnts sollen elektrische Überlandbusse folgen und bis 2030 elektrifizierte Reisebusse. Dabei fährt das Unternehmen wie die Kollegen von Daimler Truck technologisch zweigleisig: Sowohl an Batterie- als auch Wasserstofflösungen wird entwickelt.

Grundsätzlich sollen die Beschäftigten von Daimler Buses künftig verstärkt mit Daimler Truck zusammenarbeiten und durch die Nutzung von Gleichteilen Synergien heben. Das sagte Till Oberwörder, CEO von Daimler Buses, Ende März bei einem Strategie-Ausblick vor Journalisten. Man habe vor, „den E-Antriebsstrang, Komponenten und Technologien, wo immer möglich, mit den elektrisch angetriebenen Lkw des Daimler Truck-Konzerns zu teilen“, so der Topmanager. Ein Ansatz mit Potenzial – das finden auch andere: Mit der Volvo Group hat erst kürzlich ein Konkurrent einen elektrischen Überlandbus vorgestellt, der sich die Batterien mit Volvo-Lkw teilt. Während die Schweden schon abliefern, handelt es sich bei Daimler Buses noch um eine Ankündigung. Als Felder, die sich für Synergien anbieten, nannte Oberwörder etwa den Antriebsstrang, die Elektronik, aber auch das Batteriemanagement oder Software.

Was die Positionierung der Batterien – bei Lkw oft unten im Fahrwerk, bei Bussen häufig auf dem Dach und im Heck – angeht, sprach der Unternehmenschef von „verschiedenen Geometrien“, die aber ähnlicher werden könnten. Für die nun mit BMZ angekündigte vierte Batterie-Generation dürften diese Überlegungen aber wohl noch eine untergeordnete Rolle spielen.

Feststoffbatterien nur ein Randthema

Abschließend noch ein Blick auf die aktuell erhältlichen Varianten des eCitaro: Neben dem Modell mit NMC-Batterien gibt es den elektrischen Stadtbus nämlich auch mit Feststoffbatterien und seit Mitte 2023 mit Brennstoffzellen-Range-Extender („eCitaro Fuel Cell“), wobei letzterer auch auf NMC3-Batterien setzt. Oberwörder zufolge wurden im vergangenen Jahr rund 500 eCitaros abgesetzt. Das waren zwar etwa 50 mehr als 2022, aber 100 bis 150 weniger als für das Jahr eigentlich angestrebt. Der Anteil vollelektrischer Fahrzeuge am Gesamtabsatz von Daimler Buses in Europa lag 2023 damit bei rund 6,3 Prozent. Oberwörder versicherte im März zwar, dass „die Transformation unserer Branche in vollem Gange ist und die Nachfrage nach umweltfreundlichen Verkehrsmitteln kontinuierlich steigt“. Noch spiegelt der Elektro-Anteil am Absatz dies allerdings nicht wider.

Oberwörder äußerte beim jüngsten Strategie-Ausblick auf electrive-Anfrage darüber hinaus, dass für den eCitaro mit Feststoffakku eine „reduzierte Nachfrage“ vorliege und die beiden Varianten mit NMC-Batteriechemie klar im Fokus stünden. Mit dem Interesse am neuen eCitaro Fuel Cell zeigt sich der Topmanager dabei „sehr zufrieden“. Durch den BZ-Range-Extender kommt diese Version aktuell auf eine Reichweite von rund 400 Kilometern, was gegenüber den 280 Kilometer des klassischen eCitaro auch lange Umläufe im ÖPNV ohne Zwischenladen abdecken soll. Der eCitaro Fuel Cell ist seit Mitte 2023 erhältlich. Welcher Anteil der rund 500 im vergangenen Jahr abgesetzten Daimler-Elektrobusse auf diese Variante entfielen, schlüsselt der Hersteller nicht auf.

daimlertruck.com

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